Liebe und Partnerschaft sind universelle Themen, die in unserem Leben große Rollen spielen. Unsere Beziehungen – ob freundschaftlich, romantisch, kollegial oder familiär – machen uns aus. Unsere guten Beziehungen mit anderen Menschen sind das, was uns wirklich glücklich macht. Genauso können negative Beziehungen unserer Gesundheit schaden. Mit wem wir unser Leben teilen, beeinflusst unser Leben sehr. Und da gibt es einige Möglichkeiten. Wir stellen euch diesen Monat einige vor.

Der Klassiker – die Monogamie

Monogamie gilt als der Standard. Zwei Menschen entscheiden sich, ihr Leben miteinander zu verbringen. Mónos = allein, einzig. Gámos = Ehe. Es ist das präsenteste und akzeptierteste Beziehungsmodell in unserer Gesellschaft. Aktuell leben circa 60 Prozent der Erwachsenen in Deutschland in einer festen Beziehung. Seit 2017 dürfen auch gleichgeschlechtliche Paare endlich heiraten.

Früher galt: Wer sich gefunden hat, lässt nicht mehr los. Monogamie for life. Ein schöner Gedanke, aber dieser Mangel an Freiheit war für viele eine Unterdrückung. Denn lange galt die Ehe als eine von Gott gegebene Institution und daher als unauflösbar. Heute gibt es eine freiere Partnerwahl, Akzeptanz von diversen Sexualitäten und Scheidungen sind vereinfacht. Zwar leider erst 1976(!) mit dem Scheidungsrecht ohne sogenanntes Verschuldensprinzip, aber immerhin. (Fun Fact: Zuvor wurde ein*e Partner*in als schuldig am Scheitern der Ehe festgelegt, was fiese Auswirkungen hatte. “Bis das der Tod uns scheidet.” Als die Lebenserwartung noch bei 30 Jahren lag – kein Problem. Ehen wurden mit dem Tod geschieden. Man kannte sich meist nicht lange genug, um sich zu entlieben oder dank einer Midlife-Crisis das Leben sowie die Beziehung in Frage zu stellen. Doch heute hat sich einiges geändert, nicht nur die Lebenserwartung.

So entstand das nächste Level: Serielle Monogamie. Die wenigsten “High School Sweethearts” bleiben heute noch bis zur Rente zusammen. Sie trennen sich, finden neue Partner und Partnerinnen – solange bis sie die richtige Person gefunden haben oder sie sich für ein Leben ohne romantische Beziehung entscheiden. Für jeden das seine. Für jede das ihre. Übrigens: Laut einer Umfrage glauben nur circa 25 Prozent, dass Menschen von Natur aus monogam sind.

Diesen Monat spricht Johanna über den schwierigen Wandel von Paar zu Eltern in ihrer Beziehung und Hörby untersucht die Anatomie einer Partnerschaft. Alisha redet über ihre Angst, den Partner zu verlieren und wie Tabuthemen mit der Zeit zur Selbstverständlichkeit werden.

Wichtig: In einer monogamen Beziehung sind sich die beiden Liebenden treu und haben keine weiteren Partner*innen. Wenn doch und nicht abgesprochen? That’s cheating. Wenn es jedoch kommuniziert und akzeptiert ist, dann gibt es dafür einen anderen Namen…

Die Flexiblen – offene Beziehung

Menschen in einer offenen Beziehung, reicht Monogamie nicht. Sie haben mehrere Partner*innen. Eine offene Beziehung entsteht oft erst nach Zeit und selten direkt zu Beginn der Beziehung. Viele öffnen ihre Beziehung nach außen, weil sie – obwohl sie ihren Partner oder ihre Partnerin noch lieben – gerne mehr hätten, etwas anderes, etwas neues. Zuneigung zu und Verlangen nach Sex mit anderen muss hier nicht das Ende der Beziehung bedeuten. 

Aber es muss – hier kommt die doppelte Bedeutung des Begriffs ins Spiel – offen kommuniziert und von beiden Beziehungspartner*innen akzeptiert sein. Regeln und Fragen wie “Wo sind meine Grenzen?” und “Was tut mir weh?” müssen geklärt werden, bevor man diesen Schritt geht und stetig neu evaluiert werden. Wie die offene Beziehung aussieht, ist so individuell wie die Paare selbst und ihre Bedürfnisse und Vorstellungen. Für viele ist dies eine Phase, besonders um ihre Sexualität auf neue Weisen auszuleben und sich auszuprobieren. Aber für manche funktioniert diese Beziehungsform auch auf Dauer.

Diesen Monat erzählt uns Lena in einem Gastbeitrag von ihrer offenen Ehe. Und Nina spricht darüber, dass für sie und Hörby das Modell “offene Beziehung” zwar bisher theoretisch, aber sehr interessant ist.

Selbstreflexion und Respekt sind wichtig in sowohl einer offenen Beziehung, als auch einer polygamen Beziehung. Die beiden sind jedoch nicht dasselbe. Denn in offenen Beziehungen haben die Menschen meist außerhalb der zuvor bestehenden Beziehung weitere Partner*innen, die sie nicht miteinander teilen. In der Polygamie sieht das anders aus…

Polygam, polyamorös, polyfidel

Alle guten Dinge sind drei. Oder vier? In manchen Beziehungen – ja. Eine Beziehung mit mehr als zwei Partner*innen, wird als Poly-Beziehung bezeichnet. Polýs = viele. Wer polyamorös lebt, hat eine Liebesbeziehung mit mehr als einem Menschen. Wer polygam lebt, lebt wortwörtlich in einer “Vielehe” und ist mit mehreren Partner*innen gleichzeitig in einer eheähnlichen Beziehung. 

Der Übergang von offen zu poly kann fließend sein, denn manchmal entwickelt sich aus einer offenen Beziehung ein neues Treuebündnis, nur mit mehreren Personen. Beziehungen, in denen mehr als zwei Personen treu zusammen leben möchten, werden polyfidel genannt. Hier sind alle Partner und Partnerinnen gleichberechtigt und sie einigen sich darauf, innerhalb der Poly-Beziehung treu zu sein. Verständnis, Vertrauen und offene Kommunikation sind besonders wichtig. Eifersucht kann natürlich auch eine Rolle spielen, aber wenn sie ein zu großes Thema wird, ist diese Beziehungsform vielleicht nicht die richtige für einen selbst. Und solange sich alle damit wohl fühlen, kann es eine wundervolle Ergänzung sein. Denn wie lautet das Sprichwort? “Glück ist das Einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt.” Oder eben verdreifacht oder vervierfacht. 

@happypolyfamily sind vier Frauen, die in einer Beziehung leben mit ihren insgesamt drei Kindern (und vier Katzen). Ich habe sie diesen Monat für euch interviewt.

Mixed + Single = Mingle

“Mingle” beschreibt Menschen, die keine feste Beziehung eingehen möchten, aber auch bestimmte positive Seiten einer Partnerschaft genießen möchten. 

Es handelt sich dabei nicht um One Night Stands. Denn anders als bei einer rein sexuellen Beziehung, no strings attached, suchen die Menschen hier neben körperliche Nähe auch eine emotionale Verbindung. Sie möchten sich nur nicht festlegen. Deswegen werden in einer Mingle-Beziehung sexuelle Selbstbestimmung und der Wunsch nach Freiheit groß geschrieben. Besonders die jüngeren Generationen haben weniger Interesse an One Night Stands mit Fremden, sondern stattdessen an einer Art Freundschaft Plus. Und fast jede*r vierte unter 30 Jahren hatte schon eine Freundschaft mit dem gewissen Extra.

Zusammen, aber nicht zusammen – “Living Apart Together”

Manche Menschen suchen etwas mehr Unabhängigkeit und Abstand in ihrer Beziehung und möchten nicht zusammen wohnen. Und manche können nichts gegen die räumliche Distanz tun, wie zum Beispiel in Fernbeziehungen. In einer festen Beziehung sein, aber nicht zusammenwohnen – das nennt sich LAT: “Living Apart Together”.

Besonders durch die Möglichkeiten von Social Media, uns mit beinahe jedem Menschen auf der Welt – zumindest digital – zu verbinden, gewinnt dieses Beziehungsmodell an Beliebtheit. Was viele bemerken: Ein stärkeres Gefühl von Selbstbestimmung und weniger emotionale Belastung. Was viele auch bemerken: Ein geringeres Gefühl von Unterstützung und deshalb wiederum auch mehr emotionale Belastung. Das ist vollkommen individuell und eine Abwägung, die sich für jeden anders anfühlt. Dies sollte jede*r mit sich selbst und dem Partner oder der Partnerin klären.

Single, alleinstehend, ledig, ungebunden

“All the single ladies, all the single ladies.” Und Gentlemen natürlich. Und nichtbinäre Gentlethem. Achja, die Singles. Die gibt es ja auch noch. Längste Zeit galt Single sein nur als Übergangslösung bis zur nächsten Beziehung. Manche verstehen es auch heute noch nicht. Auf “Ich bin wirklich glücklich mit meinem Leben” wird mit “Ach, du hast nur noch nicht den Richtigen oder die Richtige gefunden” reagiert. Aber tatsächlich ist Single sein für viele Menschen die präferierte Lebensgestaltung. Und wie Paartherapeutin Nele Sehrt in unserem Interview sagt: “Wir haben heute nicht nicht mehr die Situation, dass wir zusammen sein müssen.” Das erkennen auch immer mehr Menschen und entscheiden sich für die Selbstliebe. Außerdem entscheiden sich auch immer mehr Frauen dafür, ohne Partner*in ein Kind zu bekommen. 

So sehr Partnerbörsen von dem oder der “Einen” schwärmen, manche teilen diesen Traum nicht. Circa fünf Millionen Menschen leben in Deutschland als überzeugte Singles. Denn Psst: Es ist tatsächlich möglich, ohne Beziehung erfüllt und glücklich zu sein!

Diesen Monat haben wir auch einen Gastbeitrag von Johanna, die bewusst alleine lebt, ohne Partner, und komplett glücklich ist. Ein Must-Read sowohl für diejenigen, die daran zweifeln und diejenigen, denen es genauso geht. Außerdem haben wir einen Beitrag von Sarah über Selbstliebe und über Partnerschaft mit sich selbst. Freut euch drauf!

Kinderfreie Partnerschaften

Manche Menschen möchten keine Kinder. So. Thema abgehakt. Alles klar. Ach, wenn es nur so einfach wäre. Denn die Norm sagt: Bekommt Kinder. Das Bild der “traditionellen” Familie akzeptiert nur eine Familienkonstellation: Mutter, Vater, Kind. Eventuell noch ein Kind. Viele Menschen, die sicher für sich wissen und sagen, dass sie keine Kinder haben möchten, müssen sich oft noch rechtfertigen.

Lasst uns doch einfach mal lernen, die Lebensrealität anderer zu akzeptieren, auch wenn wir sie vielleicht für uns selbst nicht möchten. Viele Frauen entscheiden sich gegen das Muttersein für die Karriere oder einfach nur für sich. In einer Zeit, in der reproduktive Rechte für Frauen wieder stärker angegriffen werden, ist es wichtig, für die Entscheidungsmacht der Frau über ihr eigenes Leben und ihren eigenen Körper einzustehen. Manche entscheiden sich auch aus anderen Gründen gegen ein Kind, zum Beispiel aus einem moralischen Verantwortungsgefühl, keine weiteren Menschen auf die Welt zu bringen, die noch mehr die Auswirkungen der Klimakrise und soziookönomischer Ungleichheit ausleben müssen. Diese eigenmächtige Entscheidung sollten wir niemandem absprechen.

Außerdem: Wir werden immer sensibler dafür, nicht nachzufragen, wie es bei anderen mit dem Kinderwunsch aussieht. “Wann ist es bei euch soweit? Wollt ihr nicht auch mal Kinder bekommen?” Abgesehen davon, dass es eine sehr persönliche Entscheidung ist, kann diese Frage viel Schmerz hervorbringen bei Menschen, die gerne Kinder bekommen würden, bei denen es aber aus verschiedensten Gründen nicht zu funktionieren scheint. Deswegen, einfach die Frage lassen.

Wir haben diesen Monat zwei Beiträge zu diesem Thema für euch: Eine Frau spricht über ihre Patchworkfamilie, die sie nie gewollt hat und Sarah debattiert, ob eine Beziehung mit oder ohne Kinder bessere Chancen hat.

Abschließende Gedanken

Unsere Welt wird (endlich) toleranter gegenüber verschiedensten Identitäten, Sexualitäten und Beziehungsformen. Wir kehren Heteronormativität immer mehr den Rücken zu. Heteronormativität “beschreibt eine Weltanschauung und ein gesellschaftliches Wertesystem, das nur zwei Geschlechter (männlich und weiblich) und heterosexuelle Beziehungen (ein Mann und eine Frau) zwischen diesen Geschlechtern anerkennt und als normal ansieht.” Es wird Zeit, dass wir diese “traditionellen” Rollenbilder hinter uns lassen. Wenn Normen gebrochen werden, kann uns dies erst einmal verunsichern, das ist normal. Menschen sind Gewohnheitstiere und stoßen das von sich, was sie nicht kennen. Aber es ist wichtiger, dass Menschen, deren Identitäten und sexuelle Orientierungen längste Zeit verurteilt und bestraft wurden, endlich gesehen und respektiert werden. 

Wir alle sollten das Recht haben, so zu leben und zu lieben, wie wir möchten. Das einzig Wichtige sollte sein, dass sich alle Beteiligten einer Partnerschaft wohl und gut fühlen.

Fröhliches Lieben für alle – mit wem und wie auch immer.