Wer? Esther & Raphael – @colognecountrylife

Wo? Zwischen Düsseldorf & Köln

Was? Sanierter Reiterhof von 1786

Wie groß? Jetzt ca. 430 m2

2010

Verliebt und voller Tatendrang

Ja, das waren wir! Wir, das sind Raphael und ich, Esther, beide noch nicht verheiratet und gefühlt gerade erst zusammengekommen. Aber uns war sofort klar: Das mit uns ist was Großes!

Und so ging ab Tag eins auch alles ganz schnell. Zusammengezogen, gemeinsame Reisen, Hund „Püppi“ aus Rumänien adoptiert, Möbel für uns gezimmert, Garten angelegt und gedanklich ständig Luftschlösser gebaut. Als wir dann Anfang 2010 erfuhren, dass unser erstes Kind unterwegs ist, wurde aus dem Luftschloss ganz schnell der Nestbautrieb und wir fingen an, uns nach einer geeigneten Familienbleibe umzuschauen.

Also fing unsere Suche an: Es sollte etwas anderes als ein Fertighaus sein. Kein Neubau, kein Reihenhaus. Nein, wir haben von Anfang an nach einem alten Bauernhof geschaut. Damals war das in und um Köln noch einigermaßen machbar. Wir haben uns über den großen Anbieter im Netz einige Objekte angeschaut und blieben bei einem hängen: einer bereits umgebauten Wohneinheit in einer großen Hofanlage bei Köln. 

Wir waren „jung“ und brauchten das Geld

Zum ersten Mal in unserem Leben standen wir vor der Frage: Wie können wir nur so viel finanzieren? Und wie schaffen wir das als unverheiratetes Paar? Nachdem wir bei unserer Hausbank an der Pforte gekratzt und alle unsere Unterlagen eingereicht hatten, mussten wir erstmal warten. Bange Wochen vergingen, bis dann endlich das „OK“ kam. Zu spät, wie sich herausstellte. Denn ein internationaler Fußballer aus Leverkusen wollte genau dieselbe Einheit wie wir und schnappte sie uns vor der Nase weg. Pech gehabt!

Wir waren „jung“ und blauäugig

Mittlerweile war ich hochschwanger und konnte meinen Beruf als TV-Realisatorin nicht mehr ausüben. Die Zeit wurde gefühlt knapp und so suchten wir jeden Abend auf allen Internetseiten unseren Familien(t)raum. Bis ich eines Tages einfach einmal „Reiterhof“ als Suchbegriff eingab. Und da war er: UNSER SCHROTTHAUFEN! So schön und idyllisch, heruntergekommen und mit absoluter Scheunen-Schieflage, aber voller Potential! 

Der alte Reiterhof liegt zwischen Köln und Düsseldorf und ist der Rest eines Vierkanthofs – drei Kanten sind geblieben. Ideal gelegen, für mich nur 12 Minuten zu den Fernsehstudios, für Raphael circa 30 Minuten in die Firma. Gesagt, getan. Wir vereinbarten sofort einen Termin für das Wochenende und fuhren hin.

Als wir in den kleinen Ort kamen und am Hof vorbeifuhren, stockte mein Atem. Wir hielten oben an den Feldern des Ortes an und gingen mit dem Hund erstmal eine Runde spazieren. „Raphael“ sagte ich, „ich merke, dass wir zu Hause angekommen sind. Es fühlt sich nach Heimat an.“ Das waren meine ersten Worte. Ich bläute Raphael ein, bei der Besichtigung nicht sofort „kaufen“ zu rufen. Erstmal schauen und verhandeln. Mit kühlem Kopf.

Als wir durch den alten Fachwerkhof geführt wurden, war schnell klar, dass hier eine Menge Arbeit investiert werden müsste. Nach knapp 20 Minuten sah ich Raphael mit dem Verkäufer auf der Wiese verschwinden. Ich hätte mir meine Worte auch sparen können. Sie kamen zurück und Raphael grinste mich an. „Wir kaufen, Schatz! Es kann losgehen!“

Vom Kauf bis zur Planung

Keine vier Wochen später, Anfang September 2010, saßen wir also beim Notar. Kaum unterschrieben, kamen auch schon die ersten Gewerke für den Start. Unsere junge Architektin Susanne, die auch unsere Bauleiterin werden sollte, ein Statiker aus dem Münsterland, der sich mit Bauernhofsanierungen auskennt, und unser „Mann für alle Abbruch-Fälle“. 

Der erste Durchgang mit den „Profis“ war ernüchternd. Unser kleines Fachwerk-Haus, der Eingang des Hofes, war baufällig und musste abgerissen werden. Dieses waren leider auch die einzigen, eingetragenen 57 m2 Wohnfläche, was sich leider erst nach Kauf und Einsicht in die richtigen Pläne ergab. Der Rest von den damals angegeben ca. 190 m2 war reine Nutzfläche. 

Von diesem Zeitpunkt an saßen wir jeden Abend bis in die Nacht an der Gestaltung unseres Traums. Mal mit unserer Architektin, mal nur wir beide. Ein Glück waren wir uns einig, in welche Richtung es vom Stil gehen sollte: Industrial meets Bauernhof. Es sollte ein Mix aus Moderne und Tradition werden.

Alle wichtigen Fragen standen nun jeden Tag auf dem Programm:

Was möchten wir wie räumlich gestalten? Was müssen wir abreißen, damit es heller und luftiger wird? Welche Materialien nutzen wir? Welche Gewerke brauchen wir? Wie sollen die Ausschreibungen aussehen? Wie groß planen wir den Anbau an den Resthof? Was muss weg? Was bleibt stehen? Woher bekommen wir all unsere neuen Einrichtungssachen? Und noch viel mehr.

Kuhstall wird Küche

Wir haben schon circa ein Jahr im Vorfeld alle möglichen Interior-Magazine auf unseren Reisen gesammelt. Von spanischen, australischen, holländischen und Pariser Magazinen haben wir unsere Highlights herausgeschnitten und ein kleines Mood-Book gebastelt. Das hat sehr geholfen, einige Dinge den Gewerken und der Architektin besser zu visualisieren. 

Parallel planten wir mit einem befreundeten Küchenbauer unsere Traumküche. Dabei haben wir uns sehr viele Inspirationen von der Kölner und der Mailänder Möbelmesse geholt. Wir wollten neben der Kücheninsel sehr viele Sitzflächen einbauen, da wir immer gemerkt haben, dass bei Partys der beliebteste Platz in der Küche ist. Hier wird gekocht, gefeiert, getanzt und bis zum Schluss geklönt.

Die Planung war fertig: Das Fachwerkhaus wurde von der Grundform nachgebaut mit einer kleinen Vergrößerung, die Scheune sollte das Wohnzimmer werden, der alte Kuhstall die Küche und unser Elterntrakt wurde neu angebaut. Alles in Allem: Sanierung, Anbau, Umbau, Neubau. Als wir mit der räumlichen Planung durch waren, reichte unsere Architektin alle Dokumente beim Bauamt ein. 

Vergiss nie die Wichtigkeit der 3 Ds: Dinge dürfen dauern!

Und das sollten sie auch. In der Hoffnung, dass all unsere Pläne genehmigt werden, fingen wir also schonmal parallel mit dem Abriss an. Dabei wurden diverse Wasser- und Stromleitungen aus Versehen gekappt, da es zu dem Hof keine direkten Pläne gab. Schon hier zeichnete sich die Tendenz an: „Könnte teurer werden“. Es war Ende September 2010. Zeitgleich kam unser Sohn zur Welt. Was für ein Aufbruch! 

Als Limit hatten wir uns sportliche 12 Monate für die Sanierung und den Umbau gesetzt. Unsere Wohnung hatte schon einen Nachmieter, der ungeduldig in den Startlöchern stand. Wir dachten, dass wir es schaffen.

2012

Und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende …

Wenn ich heute sagen soll, woran es lag, dass wir es nicht geschafft haben, fasse ich kurz zusammen. Es könnte ansonsten den Rahmen sprengen.

Durch Verzögerungen von wichtigen Gewerken, wie zum Beispiel die Fensterbauer und die Zimmerei (für die Sanierung aller Balken und zur Begradigung der Scheune) mussten alle anschließenden Gewerke warten. Es entstand insgesamt eine Verzögerung von vier Monaten. 

Ein altes Gemäuer birgt viele kleine bis große Geheimnisse. Meist werden diese erst bei der Umbauphase entdeckt. So waren Wasserleitungen marode, Nutzungsänderungen nicht eingetragen oder plötzlich ein Keller entdeckt, der zugeschüttet war. 

Zudem wurde fast jedes Gewerk teurer als erwartet. Nur zum Beispiel: Allein die Zimmerei hat 120 Prozent mehr aufgerufen als im Kostenvoranschlag. Was uns kurz vor Ende der Bauzeit in eine Nachverhandlung mit der Bank führte. 

Zudem haben wir sehr, sehr viele Dinge innerhalb von kürzester Zeit streichen müssen, weil es den finanziellen Rahmen gesprengt hätte. Hätten wir die eigentliche Summe im Vorfeld gewusst und hätten wir nur im Ansatz den Stress vorausschauen können – ich weiß nicht, ob wir uns das Projekt „Resthofsanierung“ angetan hätten.

Fazit

Ein Tipp zum Schluss für jeden, der einen Resthof sanieren möchte. Immer ein bis zwei Gewerke dabeihaben, die sich mit altem Gemäuer auskennen. Perfekt ist es, wenn man handwerklich selbst begabt ist und mit anpacken kann. Immer mindestens 20 Prozent auf die erste Kalkulation (Ausschreibung) schlagen.

Mittlerweile, acht Jahre nach Einzug, sind wir verheiratet und unsere Tochter wurde geboren. Wir haben den Stress und die Nachwirkungen recht gut verarbeitet und genießen das Leben auf dem Land (in Stadtnähe) total. 

Es war mehr als stressig, wir haben sehr viele Diskussionen geführt, kamen körperlich wie finanziell an unser absolutes Limit und nach der Bauphase mussten einige der Beteiligten in Langzeiturlaub gehen. 

Aber: Heute sitzen wir nun mit den zwei Kids in unserem umgebauten Wohn(t)raum. Keines der beiden Kinder kann nur ansatzweise nachvollziehen, was für eine Umbaugeschichte in ihrem Zuhause steckt. Wir fühlen uns sehr wohl hier und sind jeden Tag dankbar und demütig, dass wir uns diesen Traum erfüllen konnten. Was für ein Glück! 

Noch mehr Einblicke in Esther und Raphaels Familientraum findet ihr auf Instagram @colognecountrylife.