endometriose

Ob ich darunter gelitten habe? Ja, das habe ich – fast 35 Jahre!

Was ich vom ersten Tag an hasste, war meine Menstruation. Die bekam ich am Tag meiner Kommunion. Das war vielleicht was. Ich stand da in meinem weißen Kleid und dann zack, auf einmal ändert sich mein ganzes Leben. Meine Eltern und meine Großmutter trösteten mich und mahnten gleichzeitig. „Ab jetzt bist du eine Frau und du weißt, was das bedeutet.“ Ich gebe zu, die Aufklärung seitens meiner Eltern war dürftig und außer der Tatsache, dass man mir Angst machte und mir sagte, „du weißt, dass du jetzt schwanger werden kannst“, war da nicht besonders viel mehr. 

Ich hatte Monat für Monat diese fürchterlichen Schmerzen im Unterbauch, die entsetzlichen Rückenschmerzen und Übelkeit. „Da musst du durch, das ist ganz normal, so war das damals auch bei mir“, sagte mir meine Mutter immer und immer wieder. Mit der Einnahme der Pille sollte alles besser werden. Doch es wurde nichts besser. Dadurch, dass ich Etliches an Anitibabypillen durchprobiert hatte und vollgestopft wurde mit Schmerzmitteln, wurde mein Frust über die monatliche Menstruation und die damit einhergehenden Schmerzen immer nur größer. Nach einem Blutsturz trösteten mich die Ärzte und gaben mir zu verstehen, dass sich mit einer Schwangerschaft die Probleme und Schmerzen lösen würden. 

Damals glaubte ich daran. Im Jahr 1999 heiratete ich, damit verbunden war auch der Wunsch, eine Familie zu gründen. Ich hatte schon lange vor der Hochzeit die Pille abgesetzt. Und der Druck auf meinen Mann und mich wurde größer und größer. Leider tat sich nichts. Da wir nun bereits über Jahre versucht hatten, schwanger zu werden, verlangte mein Mann, ich solle zu Hause bleiben und mich nur aufs Kinderkriegen konzentrieren. Ich hatte damals einen sehr coolen Job, der mir Spaß machte und das sollte ich jetzt aufgeben? Nein, das konnte nicht sein. Ich unternahm alles und versuchte, Hilfe zu bekommen. 

Ich wechselte mehrfach die Gynäkologen. Eine Gynäkologin schließlich veranlasste eine Bauchspiegelung, mit dem Befund: Endometriose. Meine Endometrioseherde waren bereits invasiv gewachsen und hatten bleibende Schäden verursacht. Verwachsungen am Darm und an den Eileitern. Die Endometriose hatte sich schon seit Jahren in meinem Körper ausgebreitet und wirkte sich außerdem auf meinen Hormonhaushalt und das Immunsystem aus. Nach unzähligen Besuchen bei Spezialisten wurde schließlich die Endometriose laparoskopisch entfernt. Leider hielt das nicht lange. Ein halbes Jahr etwa hielt ich die Schmerzen und Blutungen dann wieder aus. Danach ging der ganze Spuk von vorne los. 

Endometriose hat eine hohe Rezidivrate, das heißt nach der Entfernung eines Herdes und/oder einer Zyste können wieder neue entstehen. Ich gehörte leider zu den betroffenen Frauen, die unter massiven und chronischen Schmerzen und vielen weiteren Symptomen litt und bei der sich die Herde immer und immer wieder bildeten. Nach unzähligen Behandlungen und Eingriffen ging dann auch meine Ehe in die Brüche. Keine Kinder, keine Familie. Mein Traum von einer Familie war so weit weg wie nie zuvor. Ich fiel in eine Depression. 

2006 lernte ich schließlich meinen heutigen Mann kennen. Der hatte bereits zwei Kinder, die er mit in die Beziehung brachte. Aber der Wunsch nach eigenen Kindern war auf einmal wieder so präsent. Meine Beschwerden und Schmerzen vor, während und nach der Menstruation waren wieder da. Ich schämte mich zunächst, von meinen Problemen zu erzählen. Was soll der neue Mann an meiner Seite schon denken, wenn man mit einer jahrelangen Leidensgeschichte um die Ecke kommt. Gerade in der ersten Kennenlernphase. Schnell war aber klar, wir bleiben zusammen. Nach kurzer Zeit beschlossen wir umzuziehen. An meinem neuen Wohnort lernte ich meine heutige Freundin und Leidensgefährtin kennen. Sie erzählte mir von einer Kinderklinik, die auch Endometriose-Patientinnen behandelte. Hier bekam ich endlich mit Unterstützung des Endometriose-Zentrums in Münster Hilfe. 

Ich mache es kurz. Die Herde waren wieder ausgebrochen, die Endometriose hatte sich abermals an meine inneren Organe gesetzt. Nach einem weiteren minimalinvasiven Eingriff und einer Hormontherapie wurde ich kurzerhand in den Zustand der Wechseljahre gebracht. Mein jetziger Mann und ich wurden natürlich aufgeklärt über die Folgen, Nebenwirkungen und die damit verbundenen psychischen Auswirkungen. 

Mit dem Hormondepot, welches man mir unter die Bauchhaut gebracht hatte, stand ich von heute auf morgen in einem völlig anderen Film. Drei Monate vollgepumpt mit Hormonen. Die Therapie, die verhindern sollte, dass Gebärmutterschleimhaut aufgebaut wird, schlug nicht an und mir wurde erneut für drei Monate ein Depot implantiert. Dieses Mal wusste ich zumindest, was auf mich zukam, und meine Lieblingsmenschen auch. 

Der Vorteil an dieser Therapie war, dass ich in dieser Zeit mit mir selber ins Reine kam. Die neue Beziehung tat mir so gut und ich fand mich damit ab, dass ich wahrscheinlich niemals eigene Kinder haben würde. Was soll ich sagen? Die Therapie schlug an und die Schmerzen waren wie verschwunden. Dieser Zustand hielt genau drei Jahre an. Die Prozedur wurde wiederholt. Und sie hielt wieder drei Jahre. 

Doch das war’s dann. Ich wollte nicht mehr. Danach hatte sich die Endometriose auch in die Gebärmutterwand und an das Bauchfell gesetzt. Die vielen Narben, die sich mittlerweile auf meinen Organen gebildet hatten, waren nichts gegen die Narben, die ich bereits psychisch davongetragen hatte. 2015 beschloss ich, mir die Gebärmutter entfernen zu lassen. Mit dieser Entscheidung war auch klar, dass ich den Kinderwunsch restlos begraben musste. Nach einer fast 35-jährigen Leidensphase sollte endlich Frieden einkehren.

Ich kann nur jeder Frau empfehlen, sich frühzeitig bei abnormalen Beschwerden von Spezialisten behandeln und sich von niemanden dabei aufhalten zu lassen. Keine Frau muss das aushalten. Davon abgesehen, dass die Erkrankung leider immer noch keine angemessene Beachtung in der Gesellschaft hat, ist es wichtig, offen darüber zu reden.Denn in der Gesellschaft kinderlos zu sein, und das ungewollt, führt manchmal zu Unverständnis und zu Mitleid. Und das brauchen Betroffene nun wirklich nicht. Und ich auch nicht. Ich habe eine tolle Familie um mich herum, einen tollen liebevollen Mann, zwei großartige liebenswerte Stiefkinder (auch so ein bescheuertes Wort „Stief“) und zwischenzeitlich auch zwei bezaubernde Stief-Enkelkinder.