geschrieben von Catrin Weinstein – @blitzlichtgewitter-mainz

Die lange Suche

Über fünf Jahre lang haben wir in der Umgebung rund um Mainz ein neues Zuhause gesucht. Wir wohnten in einer Eigentumswohnung, die aber auf Dauer und mit einem Kind in Planung definitiv zu klein geworden wäre. Also haben wir immer und immer wieder die bekannten Internetbörsen durchforstet, uns Häuser und Grundstücke angesehen. 

ABER… ein Haus mit Garten, das auch nur annähernd unseren Vorstellungen entsprochen hätte, war unbezahlbar. Selbst im doch sehr ländlichen Umland ohne Busanbindung in die Stadt, ohne Einkaufsmöglichkeiten, etc. Selbst bauen – irgendwann für uns gar keine Option mehr. Denn entweder hätten wir uns das Grundstück kaufen und darauf zelten können oder eben das Haus bauen und es in die Luft hängen. Grundstück kaufen und ein Haus darauf bauen – das war mit unseren finanziellen Mitteln einfach unmöglich.

Eines Tages wedelte meine Mutter mit einem Zeitungsartikel vor meiner Nase herum: „Den Alten aufs Dach gestiegen.“ Sie fragte, ob wir uns vorstellen könnten, mein Elternhaus aufzustocken. Für mich gar keine Frage, denn schon lange blutete mir das Herz bei dem Gedanken, mein Elternhaus irgendwann mal verkaufen zu müssen. Wichtig war für mich aber, dass es ok für meinen Mann ist, auf Dauer über seinen Schwiegereltern zu wohnen. Man weiß ja nie! Doch er fand’s klasse! 

Die ersten Schritte

Wir haben zu diesem Zeitpunkt schon erste „Regeln“ festgelegt. Es müssen zwei getrennte Wohnungen voneinander sein – jeder muss einfach das Recht haben, die Tür zuzumachen und den anderen nicht sehen zu müssen. Und es sollten unsere Wohnungen werden. Wir wollten einen Aufgang draußen und nicht durch die Wohnung meiner Eltern, damit sie eben auch nicht immer mitbekommen, wenn wir Besuch haben, etc. So im alltäglichen Leben übereinander stellte sich das im Nachhinein auch als gut und wichtig heraus.

Keine zwei Wochen später saßen wir unserem Architekten Christoph Perka gegenüber – ein junger Kerl Mitte 30 mit grandiosen Ideen. Wir besprachen, was uns wichtig ist: viel Licht, große Fenster, ein Wohnraumkonzept mit offener Küche, Raumaufteilungen. Und dann ging es an die exakten Planungen. Auf dem Bauplan meines Elternhauses malten wir stundenlang Räume ein, zogen neue Wände ein, bauten Kuben, arrangierten unser Leben in diese vier Wände hinein. Nach rund einem Monat Radieren, Linienziehen und vielen Überlegungen, ob wir uns genau in diesem Grundriss wohl fühlen würden, stand fest: DAS WIRD UNSER HAUS!

Das “Vorher”-Haus

Pläne über Pläne

Und dann ging es erst richtig los. Der Bauvorantrag wurde mehrmals geändert – am Ende haben wir dann aber doch unser Flachdach bekommen. Die Behörde wollte diverse Vermessungen, Bilder und Berechnungen, wie sich das Haus in die Umgebung einfügen würde, vom Grünamt kamen Auflagen zu Bäumen, die wir noch pflanzen mussten, etc. Alles in allem hat das echt lange gedauert, bis dann endlich der rote Punkt in unserem Fenster hängen konnte. 

Danach kam die für uns spannende Phase, uns zu überlegen, wie alles aussehen soll – innen wie außen. Welchen Boden wollen wir, wie soll die Elektrik aussehen, welches Material soll an die Wände, wie sollen die Balkone belegt werden und so weiter. Quasi wie bei der Bemusterung in einem Fertighaus, allerdings mussten wir natürlich die Ausstellungen selbst be-/aussuchen. Also haben wir Stunden und Wochenenden bei Sanitärausstattern, Fliesenlegern, Raumausstattern, Baumessen und so vielen Dienstleistern mehr verbracht und alles zusammengesucht. Unser Architekt hat dann alles in Ausschreibungen zusammengestellt und die entsprechenden Dienstleister angeschrieben, um Angebote einzuholen. 

Bei manchen Dingen waren wir vermutlich ein bisschen speziell. So wollten wir zum Beispiel den kompletten Boden als gespachtelten Beton, eine fugenlose Dusche ohne Fliesen, eine KNX-Verkabelung als Smart Home oder auch Kalkputz an den Wänden. Für unseren Architekten ein bisschen Neuland – aber zusammen haben wir das echt gut hinbekommen, auch wenn es manchmal viel Überzeugungsarbeit auf allen Seiten war. Denn nicht immer stimmen die eigenen Vorstellungen so mit den Dienstleistern oder dem Budget überein. 

Jung und alt vereinen

Nachdem man wirklich sorgfältig Angebote verglichen hat, entscheidet man sich für die entsprechenden Dienstleister. Aus Erfahrung können wir sagen, niemals nie nicht das günstigste Angebot nehmen! Das hat fast zu 100 Prozent immer einen Haken und man zahlt am Ende drauf – entweder wirklich Geld oder, und das ist noch schlimmer, Nerven. Und noch eins können wir sagen: Bei der Aufstockung eines Elternhauses baut man immer zu viert: also die „Jungen“ oben und die „Alten“ im Erdgeschoss. 

Wir sind an einigen Stellen wirklich aneinander geeckt und es gab viel Diskussionspotenzial – manchmal auch Streit. Gerade bei der Elektrik waren wir uns mit meinen Eltern so uneinig. Zum Glück haben wir uns im Endeffekt aber durchgesetzt, denn eine Batterie von 24 Lichtschaltern an einer Wand wäre für uns undenkbar gewesen. Und mittlerweile finden es die „Alten“ auch ganz angenehm, dass bei uns das Licht per Bewegungsmelder angeht und man sich eben nicht merken muss, welche Taste man drücken muss, damit die Jalousien hochfahren. 

Der Umbau

Die schlimmste Phase für meine Eltern war sicher der Umbau an sich. Monatelang saßen sie hinter einem Gerüst, konnten ihren Garten nicht nutzen, teilweise wurden die Fenster zugehängt und sie saßen im Dunkeln, dazu der ständige Lärm und natürlich auch die Auseinandersetzungen mit den Handwerkern. Wir waren in der Zeit arbeiten und haben davon gar nichts mitbekommen. Aber ich glaube, ein kleines bisschen Spaß hatten die beiden auch dabei – vielleicht auch mehr als nur ein kleines bisschen. Sie hatten eine Aufgabe und die haben sie mit Bravur gemeistert. 

Wir waren aber auch sehr dankbar, unseren Architekten als Bauleiter zu haben, der wirklich fast tagtäglich bei uns auf der Baustelle und mit den Handwerkern in Kontakt war. Ganz oft hat er stundenlang auf dem Gerüst gesessen und über Lösungen für die einzelnen Gewerke diskutiert. Denn… eigentlich dachten wir, dass wir nach der Planung mit den gröbsten Entscheidungen durch seien, aber weit gefehlt. Ständig veränderten sich Dinge, mussten umgeplant und umentschieden werden. Meistens haben wir uns von unserem Bauchgefühl leiten lassen, das wirklich einen guten Job gemacht hat. 

“Unser Nest”

Als die ersten Wände außen und innen standen, sind wir über das wacklige Gerüst hochgeklettert in unser neues Zuhause. Ich kann wirklich sagen, mir liefen die Tränen, als ich das erste Mal im Kinderzimmer stand und über meine doch schon ganz schön runde Kugel gestreichelt habe. Unser kleines Mümmelmädchen sollte nämlich schon ganz bald mit uns einziehen. 

Die Innenausbauten gingen tatsächlich ratzfatz – ein Handwerker folgte dem nächsten, zeitweise waren sogar mehrere gleichzeitig auf unserer Baustelle. Diese wirklich unfassbar gute Organisation haben wir unserem Architekten zu verdanken, der da sehr viel Herzblut reingesteckt hat. 

Im Januar 2020 sind wir in unsere Traumwohnung im ersten Stock eingezogen, ich mit dickem Bauch. Von vielen, die „einfach“ ein Haus gekauft haben, habe ich schon gehört, dass sie sich im Eigenheim am Anfang wie in einer Ferienwohnung gefühlt haben. Das gab es bei uns zu keinem Moment. Es war von Anfang an „unser Nest“ und wir haben noch keinen Tag bereut, es gebaut zu haben. Und ganz ehrlich, weil wir ganz viele Nächte über die wichtigsten Entscheidungen geschlafen haben, haben wir auch kaum ein „Mist-das-hätten-wir-anders-machen-müssen“ erlebt. 

Aus dem 70er-Jahre-Bungalow meiner Eltern ist ein zweistöckiges Hingucker-Haus an der Hauptstraße geworden, das schon für so manches Bremsmanöver eines vorbeifahrenden Autos gesorgt hat.  

Welche Tipps können wir geben?

Sucht euch einen guten Architekten, der zu euch passt und euch vor allem versteht. Sucht jemanden, bei dem der Bauch mit jeder Faser „JA“ schreit und bei dem es nicht das erste Aufstockprojekt ist. Vielleicht könnt ihr – wir durften das bei Christoph Perka – auch andere Projekte von ihm oder ihr besichtigen, die Bauherren kennenlernen und mit ihnen sprechen, wie es gelaufen ist. Sucht euch jemanden, der auch mal abseits der bekannten Wege denkt – so wird es euer Traumhaus. 

Lasst euch gut beraten, aber auch von niemandem reinquatschen, wenn ihr bestimmte Wünsche habt. Seid gleichzeitig offen für Neues und frische Ideen, die besser sind als die eigenen. 

Überschlaft die für euch wichtigsten Entscheidungen – mehr als nur eine Nacht!

Setzt klare Regeln im Zusammenleben mit den Eltern! Das erleichtert das Zusammenleben ungemein! 

Und zu guter Letzt: Es wird immer teurer als geplant – also einen großzügigen Puffer einbauen, wenn es geht. Ein „Machen-wir-Später“ – das war für uns ganz klar – hätte hinten und vorne nicht hingehauen und wir hätten es dann nie mehr gemacht.

Noch mehr Vorher-Nachher Bilder vom Haus sowie andere Projekte von Christoph Perka könnt ihr euch hier anschauen.