Heute morgen, als ich meine Blogwochen der kommenden Monate plante, ertappte ich mich beim Grübeln. Grübeln, ob es okay ist, wenn ich mich positioniere. Ob es okay ist, wenn ich meine Plattform nutze, um gewissen Themen anzuspreche. Ob es okay ist, wenn ich meine Meinung kundtue. Ich dachte darüber nach, ob ich mich bei diesem einen Thema nicht lieber zurückhalten möchte. Nicht den Raum schaffen möchte, um es auseinanderzunehmen, um mich angreifbar zu machen. Denn eins ist klar: So bald ich eine Meinung habe, bin ich für manche die Gute und für andere die Böse. Einfacher mache ich es mir damit nicht. Mache mir mehr Arbeit, als ich vielleicht müsste, versaue mir Chancen und Möglichkeiten. Doch das alles mache ich gerne. Denn ich möchte kein Talkmaster sein. Ich möchte nicht moderieren (auch, wenn es natürlich Moderatoren gibt, die sich positionieren). Ich möchte mitmischen und eventuell mit meiner Stimme zum Nachdenken anregen. Denn das Problem liegt doch auf der Hand: viel zu viele Menschen halten sich raus und ducken sich lieber, anstatt den Kopf hinzuhalten. Heute morgen bin ich aus meinem Tagtraum aufgewacht und mir war klar, dass ich keinen weiteren Moment verschwende, meine Stimme infrage zu stellen – die darf ruhig jeder hören.
Woher kommt sie? Diese Angst vor verschiedensten Themen, die man gerne auch Tabuthemen nennt? Wer hat entschieden, was tabuisiert wird und was nicht? Ein schleichender Prozess, der uns nicht unemotinaler werden lässt, sondern unantastbarer.
Ein großer Irrglaube, wenn gedacht wird, dass „nicht drüber sprechen“ das Problem in Luft auflöst. Gesellschaftliche Problem, die immer wieder aufkommen und irgendwie dazu gehören, dürfen nicht artikuliert werden. Fehlgeburten sind leider normal, finden in unserer Gesellschaft aber nicht statt. Paare mit Kinderwunsch werden nicht ernst genommen oder man traut sich nicht, mit ihnen zu sprechen. Abtreibungen sind schmutzig und müssen verschwiegen werden. Depressionen haben nur Verrückte. Kinderlose dürfen nicht zugeben, dass sie gewollt kinderlos sind. Wenn sie es ungewollt sind, aber auch nicht.
Ein enormer Druck für alle Betroffene und auch die Unbetroffenen, die gekonnt weghören müssen. Durch diese schräge Entwicklung ist es fast schon peinlich geworden, wenn man offen über das spricht, was ein bedrückt. Ich merke immer wieder, wie Themen offline und online verschluckt werden, keinen Platz finden, beschönigt werden.
Kein neues Ding, denn wir sind – durch das Internet – schon viel offener geworden, als es die Generationen vor uns waren. Und doch ist es eine Entscheidung. Eine Entscheidung für das stille Kämmerlein. Dafür, dass man sich nicht mitteilen möchte oder nicht zuhören möchte. Oder eine Entscheidung, seinem Leben mit allen Höhen und Tief Raum zu geben.
Auf zwei verschiedene Wege habe ich mich ganz bewusst dafür entschieden, mit Tabuthemen zu brechen. Ich spreche selber an, wenn mich etwas beschäftigt. Sei es das leidige (und übrigens viel zu wenig besprochene) Thema „Impfen“. Sei es Schlaf bei Kleinkindern. Sei es der Wunsch nach einem zweiten Kind. Sei es die Angst vor dem Scheitern. Sei es die Verbindung zu meinem Baby in den ersten Wochen. Sei es der Abbruch von Freundschaften. Alles normal – alles kein Grund für Scham. Kein Grund, mich verstecken zu müssen.
Und ich habe mich dafür entschlossen, anderen Frauen die Möglichkeit zu geben, dass sie sich auf meiner Plattform Mut machen können. Dass sie sich auskotzen dürfen und schimpfen, weinen oder lachen können. Denn viel zu vielen geht es genauso wie dir, dir oder dir. Auf mamaaempf habe ich mir die Möglichkeit geschaffen, meine Regeln gelten zu lassen, die vielleicht nicht jedem gefallen, die der ein oder anderen Person vielleicht den Atem raubt oder sie rot anlaufen lässt. Aber dafür helfen diese Beiträge so vielen anderen Menschen, die ein Netz brauchen, um gehalten zu werden.
Daher mache ich weiter so. Denke nicht mehr an: Darf ich das? Sondern viel mehr an: Ich muss das sogar!