Teil I – Das Vorspiel

Kurz vorne weg: Ich habe Ninas Version der Geschichte noch nicht gelesen. Weder Teil 1, noch Teil 2 da ich euch hier eine unverfälschte, persönliche Niederschrift darbieten wollte.

Wie es zur Reise kam:

Das 2. Semester meines Masters hatte gerade begonnen und ich konnte mal wieder an nichts anderes denken als daran, wohin es gehen sollte, wenn der Vorlesungsalltag wieder pausierte. Nachdem alle Prüfungstermine und Abgaben feststanden, lotete ich aus, dass es von Mitte August bis Ende September wieder nach Südostasien gehen sollte. Also buchte ich kurzer Hand Flüge von Frankfurt nach Bangkok. Für schlappe 360€ sollte ich mit meinen 12kg Gepäck (nur Handgepäck gebucht) hin und zurück kommen. Der Rest erledigt sich schon von selbst! Nur die Hausarbeit, deren Abgabe in diesen Zeitraum fiel, musste schon vorher fertig sein.

Also stand bereits in der 2. Vorlesungswoche für mich fest, wo ich in einem halben Jahr sein wollte. Das wars dann aber auch. Bis 2 Tage vor Abflug hatte ich mich nicht um Anschlussflüge, eine Reiseroute oder Ähnliches gekümmert. Ich entschied mich in Bangkok mit einem Kumpel zu treffen, der gerade in Thailand tauchen war, dann eine Woche nach Bali zu fliegen, um alte Freunde aus dem Auslandssemester, das ich 2 Jahre zuvor dort absolviert hatte, wiederzusehen, um dann nach Hanoi zu fliegen, um Vietnam auf dem Motorrad zu durchqueren. Klang nach einem guten Plan. Nach 3 Stunden (mit zwei Kreditkartensperrungen) war es vollbracht und ich hatte alle nötigen Transferflüge und das Visum für Vietnam, das für kurze Panik gesorgt hat, zusammen. Manch zwielichtige asiatische Billigairline mit Ihrer noch zwielichtigeren, nur halb ins Englische übersetzten Homepage wirken für manche europäische Kreditinstitute wohl nicht allzu vertrauenswürdig. Oder spätestens der Fakt, dass ich in 2 Stunden Flüge von Bangkok nach Singapur, Singapur nach Bali, Bali nach Kuala Lumpur und Kuala Lumpur nach Hanoi gebucht habe. (Fliegen ist, sobald man erst mal drüben ist, so wie Bus fahren und als Student ist kein Flug zu günstig, auch wenn man dafür mal eine Nacht am Flughafen pennen muss.)

So brachen ich und 12kg Gepäck also auf – mit dem Zug ab nach Frankfurt. Am Flughafen habe ich mir noch ein Hostel für die ersten beiden Nächte auf Bali gebucht und einen Lonely Planet für Vietnam gekauft. Man will ja nicht vollkommen unvorbereitet in den Urlaub starten… und da sind ja immerhin noch ein paar Stunden Flug und eine Woche auf Bali, bis es auf den Weg nach Vietnam und meine Motorradtour ging. Von der Woche Bali habe ich mir nicht zu viel erwartet. Beziehungsweise nicht mehr als das, was ich schon kannte… und das war, würde ich sagen, einiges. Bali kenne ich wie meine Westentasche nach 8 Monaten Studium, Surfen, Party und ganz viel Essen. Der einzige Unterschied zu damals: Ich bin Single!

An einem Freitagabend landete ich auf der Insel der Träume, der Yogis und Surfer, der Lebemenschen und frisch verheirateten, mit der ich die bis dato beste Zeit meines Lebens verbinde. Doch jeder der schon mal auf Bali war weiß, wenn man landet, ist es vor allem erst mal eines: Der Ballermann der Australier, Kuta. Erst recht auf einen Freitagabend.

Endlich angekommen in meinem Hostel, in einem Hinterhof in Kuta, war ich froh über eine Dusche, eine riesen Portion Nasi Goreng und ein eiskaltes Bintang. Zusammen mit ein paar anderen Backpackern aus Großbritanien, Kanada, Deutschland und den Niederlanden versackte ich schließlich an der Hostelbar und ich konnte einige von Ihnen überzeugen, mit mir am Sonntag nach Uluwatu ins Single Fin zu fahren, um am wöchentlichen Sunset-Rave teilzuhaben. Der Sonntagabend im Single Fin ist eine wahre Institution und war einer der wenigen Punkte, die für meine Reise als gesetzt zu betrachten waren. Am nächsten Morgen beschäftigten mich neben dem Genuss eines vorzüglichen Frühstücks mit leichtem Kater zwei Dinge: 1. Ich wollte schon mal ein Taxi klar machen, das uns am Sonntag nach Uluwatu fährt und 2. ich wollte Tinder auf Reisen mal eine Chance geben.

Punkt eins war abgehackt und für Punkt zwei war vorgesorgt: Tinder war installiert, aber erstmal gingen wir surfen. Drei Jungs: Leon aus den Niederlanden, Briley aus Kanada und meine Wenigkeit. Drei Jungs, die sich am Vorabend erst kennengelernt haben. Wir gingen zu Eli, einem kleinen Surfverleih eines sehr netten älteren Herrn. Der Double Six Beach ist selten ein guter Surf, aber ein paar lockere Stunden auf dem Brett und etwas Quatschen während man auf dem Brett die nächste Welle abwartet, war ein guter Zeitvertreib. Nachdem wir uns den ersten Sonnenbrand abgeholt hatten, faulenzten wir etwas im Schatten auf der Liege und ich hatte etwas Zeit nach links und recht zu wischen. Tindern war angesagt. Ahnungslos nach links wischend der Schock. Ein blond gelockter Engel mit der Unterschrift „Nina, 28 (komplett gelogen) – Journalistin aus Hamburg.“ Volltreffer. Swipe nach rechts, Handy beiseite, ab aufs Brett und Daumen drücken.

Eine Stunde später: „Pling – Du hast einen neuen Match.“  Zwei Gedanken, die unmittelbar aufeinander folgten: „Yippieeeee, sie hat nach rechts gewischt“ und „Ach du heilige Scheiße, sie hat nach rechts gewischt! Was mache ich jetzt???!!! Versau es nicht!“ Nervosität machte sich breit und zwar völlig zurecht. Nina aus Hamburg war wunderschön. Sie wirkte auf Ihren „Schau mich an ich bin erfolgreiche Journalistin und Supermodel“-Fotos schon sehr viel reifer als ich 24-jähriger-Möchtegern-Globetrotter. Hinzu kam, dass Tinder neu für mich war. Auch das Single-Dasein als solches war sehr neu für mich.

Sicher wer zuerst geschrieben hat, bin ich mir heute auch nicht mehr. Egal. Es war auf jeden Fall kurz und knapp. Nach einem kurzen Hallo und der Frage, wo wer von uns gerade auf Bali abhängt, fragte ich, ob Nina auch morgen Abend im Single Fin anzutreffen sei. Sie stimmte zu und ein kurzes „na dann sehen wir uns dort!“ beendete unsere Konversation genauso schnell, wie sie begonnen hatte. Ich fing an mir einzureden, dass es total super gelaufen ist. Eine Freundin von mir pflegte immer zu sagen „Mach dich rar, bist du der Star.“ Habe ich total cool und lässig befolgt. Cooler Typ – muss sie denken! Währenddessen schnippsfingerte ich wahrscheinlich gerade mein Spiegelbild mit einem halbherzigen Zwinkern zwischen Gigolo und Karl Dall, gefolgt von einem selbstbeschämenden Kopfschütteln.

geschrieben von Hörby