geschrieben von Larissa
Ich war fremdverliebt und habe es gestanden. Acht Monate später ist meine Beziehung auseinandergegangen. Im Endeffekt bin ich froh, dass es so gekommen ist.
Begonnen hat die ganze Geschichte, als ich mir aufgrund eines Unfalls beim Bouldern den Knöchel verletzte und sechs Monate lang quasi nur zuhause bleiben konnte. Da mein Freund weiterhin arbeiten ging, war ich ziemlich viel alleine. Zu der Zeit schrieb mich mein Exfreund an und wir begannen wieder zu schreiben. Mein Freund wusste davon und hatte auch keine Einwände, als wir uns wieder trafen.
Bei unserem ersten Treffen redeten wir stundenlang und es war, als hätten wir uns gestern das letzte Mal gesehen, obwohl unser letztes Aufeinandertreffen zu dem Zeitpunkt fünf Jahre her war. Aus täglich Schreiben wurde den ganzen Tag Schreiben und aus einem Treffen wurden mehrere. Es begann zu kribbeln und wir kamen uns immer näher. Als mein Exfreund versuchte, mich zu küssen, zog ich allerdings die Notbremse. Ich wusste, dass ich meinem Freund gegenüber nicht fair handelte und ließ mich nach Hause fahren. Für mich fasste ich den Entschluss, dass ich meinem Freund von dem Chaos in mir erzählen musste, bevor ich meinen Exfreund das nächste Mal sehen würde.
In dem Moment, als ich seinen Schmerz sah, war das Kribbeln verschwunden
Als ich endlich den Mut fand, um dieses Gespräch zu führen, ging es völlig nach hinten los. Mein Freund war verständlicherweise verletzt, fühlte sich verraten und mit Sicherheit noch mehr als das. In dem Moment, als ich seinen Schmerz sah, war das Kribbeln, welches ich für meinen Exfreund empfand, verschwunden. Ich brach den Kontakt zu ihm ab und setzte alles daran, das Vertrauen meines Freundes wiederzugewinnen und unsere Beziehung zu erhalten. Auch wenn ich alles dafür getan hätte, brachte es nichts und acht Monate später verließ er mich. Ich glaube, wir haben beide versucht, gemeinsam einen Weg zu finden, doch ich hatte einen Bruch erzeugt, den wir nicht wieder schließen konnten.
Die Tatsache, dass ich ihn so sehr liebte und ich wahnsinnige Angst hatte, ihn wirklich zu verlieren, in Verbindung mit der Panik, dass jeder Zukunftsplan, den ich für mich gemacht hatte, sich gerade in Luft auflöste, brachte mich an den Rand einer Depression, und auf den Rat seiner Mutter hin suchte ich mir Hilfe und ging in Therapie. Das war die beste Entscheidung, die ich je hätte treffen können. Denn alleine wäre ich vermutlich völlig abgerutscht.
Ich würde alles genauso wieder machen
Mein Exfreund und ich wohnten eine Zeitlang nebeneinander, da ich einen völligen Neuanfang zu diesem Zeitpunkt nicht verkraftet hätte. Als das Ganze immer komplizierter wurde, suchte er sich doch eine neue Wohnung. An dem Wochenende, als mein Exfreund schließlich auszog, war ich bei einer meiner engsten Bezugspersonen und wir füllten gemeinsam ein Buch über unsere Freundschaft aus. Dort stand die Frage: „Wenn du etwas rückgängig machen könntest, würdest du es tun?“ Ich antwortete: „Hättest du mich das vor drei Monaten gefragt, ich hätte ja gesagt … Ich hätte mir gewünscht, nicht erzählt zu haben, dass ich fremdverliebt war. Nun würde ich allerdings alles genauso wieder machen.“
Warum das so ist? Um es mit den Worten der Frau zu sagen, in die ich mich vor einigen Monaten verliebt habe: Meine Sicherheit hat mir meine Freiheit geraubt. Mir wurde endlich wieder klar, dass ich die Sicherheit einer fest geplanten Zukunft nicht brauche und viel glücklicher damit bin, einfach zu leben. Dass ich mich nun zum ersten Mal mit 28 in eine Frau verliebt habe, hat dann zusätzlich jegliche Art der „Du-musst-Gedanken“ in Bezug auf meine Zukunft gesprengt.
Mein Leben ist aktuell absolut chaotisch und ich fahre aus mehreren Gründen andauernd Achterbahn. Aber ich lebe – und habe tatsächlich endlich wieder das Gefühl, wirklich zu leben. Also würde ich jede Entscheidung wieder genauso treffen, denn im Endeffekt haben sie mich genau an diesen Punkt gebracht und ich bin um mehr als eine Erfahrung reicher. Vor allem bin ich jetzt dazu bereit, in die Stadt zu ziehen, nach der mein Herz schon so lange ruft, und wer weiß, ob und wann ich das getan hätte, wäre meine Beziehung nicht geendet.