geschrieben von Alena Blaich
Mitte Januar wurde ich von meinen Liebsten freudig in den Club der Ü30er aufgenommen. Dieser Geburtstag hat sich anders angefühlt als die letzten Geburtstage. Ich bin jetzt 30 – und fühle mich immer noch nicht erwachsen. Trotz der Tatsache, dass ich verheiratet bin und drei kleine Töchter habe, bin ich nicht bereit für die große 3. Da ist es an der Zeit, das letzte Jahrzehnt Revue passieren zu lassen und einen kleinen Ausblick in das nächste Jahrzehnt zu werfen.
Die wilden 20er!
Zum ersten Mal seit längerer Zeit fühle ich mich nicht meinem Alter entsprechend. Bis um die 20 fühlt man sich ja immer älter und erwachsener, als man ist. Mit 16 will man lieber 18 sein und fühlt sich, als wäre man schon fast 20.
In den 20ern habe ich mich eigentlich ganz wohlgefühlt und auch meinem Alter entsprechend. Jugendlich, aber trotzdem mit (Eigen-)Verantwortung. Ich habe wilde Partys gefeiert, mich in allem Möglichen ausprobiert – Freundschaften, WG-Leben, Jobs, Beziehungen und trotzdem noch einen gewissen Welpenschutz genossen, von Professoren, Chefs und vor allem den Eltern behütet.
Was für ein aufregendes Jahrzehnt! Geprägt von ganz vielen ersten Malen: die erste eigene Wohnung, der erste Vollzeitjob, die erste ganz, ganz große Liebe, die erste gemeinsame Wohnung… Auch die Familienplanung war ein unglaublich spannendes Projekt meiner 20er! Angefangen mit einer wunderschönen Hochzeit, kurz darauf die erste Schwangerschaft, dann die zweite, dann die dritte – und drei bezaubernde Töchter später ist sie abgeschlossen – ebenfalls noch in meinen 20ern.
Ich bin schon ein wenig wehmütig, dass ich dieses Jahrzehnt so mir nichts, dir nichts ungefragt jetzt einfach ziehen lassen soll.
Die Realität erfüllt die Vorstellung ganz gut
Natürlich war nicht alles nur rosig in meinen 20ern. Die ganzen ersten Male waren zwar wahnsinnig aufregend, aber auch anstrengend. Das Zurechtfinden im ersten Job direkt nach der Uni, um festzustellen, eigentlich von nichts eine Ahnung zu haben und sich irgendwie durchimprovisieren zu müssen. Ständig das Gefühl zu haben, sich beweisen zu müssen, weil man noch so jung ist und ernstgenommen werden möchte. Manche Entscheidungen zu treffen, die im Nachhinein vielleicht nicht ganz so glücklich waren oder etwas übereilt. Aber im Großen und Ganzen habe ich das letzte Jahrzehnt sehr genossen!
Wenn ich darüber nachdenke, wie ich mir mein Leben mit 30 als Teenager vorgestellt habe, hab ich keinen schlechten Schnitt. In meinen Vorstellungen habe ich mich mit einem netten, gutaussehenden Ehemann gesehen mit zwei Kindern und einem Labrador in unserem großen Eigenheim. Natürlich mit abgeschlossener Berufsausbildung, Traumjob und der Karriereleiter fest im Griff.
Na gut, mein Mann hat seine Berufsausbildung immer noch nicht abgeschlossen, dafür ist er sehr nett und gutaussehend. Ich habe nicht meinen Traumjob, das wäre vielleicht auch einfacher, wenn ich wüsste, wie mein Traumjob aussieht, und auf der Karriereleiter muss ich mich ganz schön strecken, um die erste Sprosse zu erreichen. Aber wir haben nicht nur zwei, sondern drei fantastische und gesunde Kinder und wohnen idyllisch in einem schönen großen Heim. Leider kein Eigenheim, aber was soll‘s. Man muss ja auch noch Ziele haben. Und das auch in den 30ern!
Wie geht es weiter?
Apropos, was sind eigentlich meine Ziele für die nächsten 10 Jahre?
Meine Kinder sind bald schon aus dem Gröbsten raus. Ich habe, wie gesagt, schon viele erste Male hinter mir und die weiteren Male häufen sich. Da entwickelt man, finde ich, ein anderes Standing in vielen Situationen und für viele Gegenüber, zumindest ist es wünschenswert. Schon schön, wenn man an einige Dinge vielleicht auch mit etwas mehr Ruhe und Entspanntheit rangehen kann. Das stelle ich mir auch hilfreich vor bei der Umsetzung neuer Ideen und der Bewältigung neuer Herausforderungen, sowohl beruflich als auch privat – ich sag nur „Hallo Pubertät“ und das gleich in dreifacher Ausführung. Da hilft mir ein bisschen mehr Entspanntheit hoffentlich weiter!
Ich freue mich sehr darauf, meinen Erfahrungsschatz zu erweitern. In meinem Beruf (ich bin Pädagogin) wird sehr viel auf die Lebens- und Berufserfahrung gesetzt. Da hört sich 35 schon anders an als 25 und geht oft mit mehr Verantwortung und höheren Positionen einher. Vielleicht wird es ja doch noch was mit der Karriereleiter. Wobei ich im Moment mehr Lust darauf hätte, mich in anderen Bereichen als der Pädagogik umzuschauen und meine Stärken noch wo anders einzusetzen.
Die Berufsfindung ist also auch mit 30 noch nicht abgeschlossen, aber das ist ja auch ein schöner Gedanke: Mir stehen alle Möglichkeiten offen, mich (beruflich) noch einmal neu zu erfinden! Viele Frauen beginnen in ihren 30ern mit der Familienplanung und treten beruflich dann oft kürzer. Ich mache es umgekehrt und habe Lust in meinen 30ern beruflich Neues zu wagen und durchzustarten.
Meine Priorität: Meine Bedürfnisse
Den Fokus wieder ein bisschen mehr auf mich lenken zu können, ist ein weiteres Ziel, das ich mir fest vorgenommen habe. Gerade in der zweiten Hälfte meiner 20er, also in der doch recht langen Babyphase meiner Mädchen, stand Selbstfindung und -verwirklichung (im Erwachsenenalter) nicht an oberster Stelle der Prioritätenliste. Meine Bedürfnisse blieben da oft auf der Strecke.
Es wird höchste Zeit, mich mal wieder um sie zu kümmern und mir einige wichtige Fragen zu stellen, mich zu hinterfragen oder zu bestätigen. Bin ich da, wo ich sein will mit den Personen, die mir guttun? Wenn ja, wunderbar, wie hab ich das geschafft? Wie kann ich es weiterhin schaffen? Und wenn nicht, wo will ich sein und mit wem? Passen meine Werte und Vorstellungen noch zu mir und meinem Leben oder brauchen sie ein Update? Mir neue Ziele zu setzen, neue Projekte zu finden oder vielleicht auch alte endlich umzusetzen, mir neue Vorbilder zu suchen, die alten Poster von Taylor Swift durch neue zu ersetzen, vielleicht von Michelle Obama oder so, im Erwachsensein ein bisschen mehr anzukommen. Klingt, wenn ich ehrlich bin, schon auch sehr verlockend!
Hello 30s!
Manche Dinge aus meinen 20ern möchte ich mir aber unbedingt bewahren. Heißt es nicht 30 ist das neue 20? Mir würde schon 30 ist das neue 25 reichen. Ich möchte nicht darauf verzichten, mich auch noch ein bisschen jugendlich zu fühlen, die ein oder andere wilde Party zu feiern und mich auszuprobieren in neuen und alten Dingen, Freundschaften, Berufsfeldern, und Hobbys! Auch weiterhin manche Entscheidungen einfach zu treffen, um später festzustellen, dass sie vielleicht auch etwas übereilt waren. Wild und manchmal unvernünftig sein und vor allem: Spaß an meinem Leben haben – aber ich glaube, das ist zum Glück völlig altersunabhängig!
30 ist 30, ich glaube, ich bin bereit! Bye bye 20s, hello 30s!