geschrieben von Lisa @villa.frohmarie
Ich bin Lisa und heute erzähle ich von einer meiner größten Lebensentscheidungen: Ich habe meinen gut bezahlten, sicheren Job an den Nagel gehängt, um meinen Lebenstraum zu leben.
Es gibt viele solcher Geschichten über Menschen, die auf der Suche nach Glück und Selbstverwirklichung plötzlich mehr wollen, alles aufgeben, ihren Job kündigen und etwas Neues wagen. Erzähle eine solche Story und dir werden Menschen zuhören. Sie werden deinen Mut bewundern. Sie werden dir auch Mut zusprechen. Träume sind da, um gelebt zu werden, nicht wahr? Und klar, Zweifler:innen wird es auch geben, aber lass sie reden!
Dein Sprung ins kalte Wasser wird mit anderen Menschen etwas machen, wird sie vielleicht inspirieren oder ihnen die Chance geben, ihr Leben zu reflektieren und selbst nach ihrem Glück zu suchen. Menschen, die voller Überzeugung ihren Lebenstraum leben, sind oft Vorbilder für andere und genießen Bewunderung.
Der Ausstieg aus meinem alten Leben
Der Ausstieg aus meinem alten Leben sah so aus: Ich wurde Mutter. Fulltime. Drei Jahre Elternzeit. Und danach? Gehe ich zurück? Who knows?
Und meist schwindet damit die Faszination, und Bewunderung wandelt sich gerne mal in Verwunderung oder zumindest Gleichgültigkeit. Was ist das für ein Lebenstraum? Mutter sein? „Nur“ Mutter? That’s it? Schnell kommen Fragen zu Unterforderung, Langeweile und ausbleibenden Rentenpunkten. Statt über mich, meinen Lebenstraum, die Herausforderungen und auch darüber, wie wir als Familie ermöglichen, dieses Modell zu leben, zu reden, reden wir pauschalisiert über Abhängigkeit und Naivität. Ja, ich bezahle einen Preis, aber ich persönlich gewinne auf anderer Ebene. Ich! Wie das für dich ist, steht auf einem anderen Blatt Papier.
Und doch scheint Mutterschaft es nicht wert sein zu dürfen, ihr allein einen ganzen Lebensabschnitt zu widmen. Das sagen die Rentenpunkte, das sagt der abwertende Blick, den eine Mutter kassiert, wenn sie sagt, nur Mutter zu sein, und das sagt die fehlende Bezahlung. Alles Symptome dessen, wie sehr Elternschaft und damit verbundene Sorgearbeit unterschätzt wird.
Niemand kann im Ansatz erahnen, was Elternschaft eigentlich bedeutet
Aus dem (gelernten) Beruf auszusteigen und sich für Mutterschaft in Vollzeit zu entscheiden auf unbestimmte Zeit gleicht einem Sprung ins kalte Wasser und ja, ich finde es ehrlich mutig. Es bedeutet auch, ein Stück des eigenen Lebens komplett aufzugeben. Niemand kann im Ansatz erahnen, was Elternschaft eigentlich bedeutet. Elternschaft kannst du nicht lernen. Du kannst über Babyschlaf Bücher lesen und für dein Wochenbett Suppe vorkochen, aber wie es sich anfühlt, zwei, drei oder mehr Jahre keine Nacht durchzuschlafen, das wirst du erst im Laufe der Zeit spüren.
Du kannst vorher anderen Eltern begegnen und wirst eine romantische Vorstellung von Familie gewinnen können, aber du wirst dich nicht darauf vorbereiten können, wie sich euer Paarsein um 180 Grad wandelt. Spätestens, wenn dein Kind so sehr weint, dass dir selbst die Tränen über das Gesicht laufen und aus Verzweiflung der Schweiß über deinen Rücken, wirst du erahnen, dass es eben nicht „nur“ Muttersein ist. Und gleichzeitig ist es so ein Glück, sich eben auch „nur“ der Elternschaft widmen zu dürfen, wenn man das denn möchte. Ein Lebenstraum mancher Menschen – wert, ihn zu leben!
Zurück zum Aussteigerleben
Gehen wir noch mal zurück zum Aussteigerleben: Gehts nicht im Grunde immer um das Glück des jeweiligen Menschen? Das, was ihn persönlich antreibt und erfüllt?
Wir alle spielen verschiedene Rollen als Elternteil, als Partner:in, als Freund:in, als Tochter oder Sohn von irgendwem und noch so viele mehr. Und während wir uns zwischen Rollenzuweisungen, bestimmten gesellschaftlichen Bildern dieser Rollen und dem Finden der eigenen Rollen hin und her bewegen, vergessen wir manchmal, dass wir auch noch wir selbst sein dürfen – wir selbst sein müssen! Nie zuvor hat mich diese Frage mehr beschäftigt.