Scheidung kind

geschrieben von Rechtsanwalt Niklas Clamann

Wenn die Ehe von Konflikten geprägt ist und die Ehepartner schon lange keine Beziehung im eigentlichen Sinne mehr führen, ist meist die Scheidung der einzige Ausweg.

Doch welche Auswirkungen hat das auf die gemeinsamen Kinder? Was müssen Eltern tun, um negative Spätfolgen zu verhindern?

Scheidungskinder und die inneren Konflikte

Fakt ist: Kinder leiden so gut wie immer unter einer Scheidung ihrer Eltern.

Die gesellschaftliche Akzeptanz der Ehescheidung ist zwar gestiegen, was den Kindern insbesondere den Umgang mit der Scheidung der Eltern im eigenen sozialen Umfeld erleichtert. Dennoch haben Kinder oft durch die Scheidung in einem sehr frühen Stadium ihres Lebens schon mit außerordentlichen inneren Konflikten zu kämpfen. Manche Kinder beginnen, sich selbst die Schuld für das Scheitern der Ehe zu geben und machen sich Vorwürfe. Andere bekommen das Gefühl, sich auf die Seite eines Elternteils stellen zu müssen. Gerade für jüngere Kinder kommt die Trennung der Eltern meist überraschend, wohingegen ältere Kinder die Beziehungsprobleme oft bereits früh mitbekommen. Kommt die Trennung der Eltern für ein Kind vollkommen unerwartet, bringt diese meist Ohnmachtsgefühle und Verlustängste mit sich.

Betroffene Kinder sehen sich oftmals schon früh einer emotionalen Ausnahmesituation ausgesetzt und können ihre Kindheit nicht mehr als weitestgehend unbeschwert wahrnehmen.

Auch Spätfolgen können entstehen

Insbesondere Folgen für die spätere Entwicklung und das spätere Leben der Kinder können durch eine Scheidung entstehen und sind meist nur mit professioneller Hilfe zu behandeln.

Scheidungskindern fehlt in ihrer Erziehung und Entwicklung oft die Rolle des abwesenden Geschlechts – wenn die Eltern nicht dafür sorgen, dass der jeweils andere Elternteil weiterhin ein Bestandteil im Leben des Kindes bleibt. Das kann sonst im späteren Leben den Umgang mit dem anderen Geschlecht erschweren, aber auch zu Schwierigkeiten in der eigenen Ausgestaltung einer Geschlechterrolle führen. Fehlt das Vorbild einer funktionierenden Beziehung aus dem eigenen Elternhaus, kann es das Scheidungskind vor eine große Herausforderung stellen, eine eigene Beziehung zu führen. Teilweise empfinden Scheidungskinder gegenüber ihrem eigenen Partner ein erhöhtes Maß an Misstrauen und haben große Angst vor einer Trennung, was die Beziehung sehr belasten kann.

Was können Eltern tun?

Kinder nehmen ihre Eltern als Vorbilder wahr. Dieser Rolle sollten sich insbesondere geschiedene oder getrenntlebende Eltern jederzeit bewusst sein und ihr Handeln entsprechend ausrichten.

Niemals darf vor den Kindern über den Ex-Partner schlecht gesprochen oder gelästert werden. Kinder identifizieren sich meist mit beiden Elternteilen und nehmen sich als Teil der Eltern wahr. Wird ein Elternteil vom anderen vor dem Kind schlecht geredet, kann dieses das Gesagte auch teilweise auf sich selbst beziehen. Schaffen es die Eltern, ihre Konflikte bedacht und mit Vernunft zu lösen und dabei Rücksicht aufeinander zu nehmen, kann das Kind sich diese Art der Konfliktlösung für das eigene Leben zum Vorbild nehmen.

Scheidungsforscher Ulrich Schmidt-Denter stellte bereits in den 90er Jahren in einer Langzeitstudie mit über 60 Scheidungsfamilien fest, dass die Art und Weise, wie Eltern ihre Trennung bewältigen, starke Auswirkungen auf die langfristige Psyche und Entwicklung der Scheidungskinder hat. So geht es Kindern langfristig besser, wenn die Eltern miteinander kooperieren und Konfliktsituationen vermeiden. Quelle unten.

Auch ist es sehr wichtig, den Kontakt zu beiden Elternteilen langfristig aufrechtzuerhalten. Dabei sind regelmäßige Telefonate sowie der persönliche Umgang wichtig und dürfen trotz möglicher Konflikte der Eltern untereinander nicht vernachlässigt werden.

Das Scheidungskind muss weiterhin von beiden Elternteilen gleichermaßen Liebe erfahren und sich geborgen fühlen. Dazu ist eine Regelmäßigkeit der Umgangskontakte unumgänglich und bringt Struktur in das Leben des Kindes.

Reibungsloser Ablauf der Scheidung als positiver Effekt

Das gerichtliche Verfahren ist Kern einer jeden Scheidung und beschäftigt die Ehepartner meist viele Monate. Gerade auch für die Kinder ist der reibungslose Ablauf des Scheidungsverfahren sehr wichtig und es sollte immer von beiden Ehepartnern eine einvernehmliche Scheidung angestrebt werden.

Sind sich die Ehepartner in bestimmten Punkten hingegen uneinig, zieht dies das Verfahren in die Länge. Uneinigkeit kann sowohl bestehen in Bezug auf die Scheidung an sich als auch bezüglich der Folgesachen wie Unterhalt, Sorgerecht, Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich.

Je länger die Verfahrensdauer anhält, desto größer kann die psychische Belastung nicht nur für die Eltern, sondern auch für die Kinder sein. Ein früher Abschluss des Scheidungsverfahrens schafft für alle Beteiligten Klarheit und die Kinder können beginnen, sich auf die neue Situation einzustellen.

Die Dauer der Scheidung wird im Regelfall verkürzt, wenn es sich um eine einvernehmliche Scheidung handelt. Zudem sollten die sich im Scheidungsverfahren befindlichen Ehepartner den ihnen vom Familiengericht während des Verfahrens auferlegten Pflichten möglichst zügig und sorgfältig nachkommen. Eine solche Pflicht kann darin bestehen, dem Gericht gegenüber Einverständnis bezüglich der Scheidung zu erklären oder einen Fragebogen zum in den meisten Fällen durchzuführenden Versorgungsausgleich ausgefüllt zu übersenden.

Auch durch die seit vielen Jahren angebotene Online Scheidung kann Zeit gespart werden. Bei der Online Scheidung kann der Auftrag für den Rechtsanwalt online erteilt werden. Durch diese Vorgehensweise hat der Rechtsanwalt die Möglichkeit, den Scheidungsantrag schon am nächsten Werktag an das jeweils zuständige Familiengericht zu schicken. Durch die Methode der Online Scheidung kann so schon im Vorhinein viel Zeit gespart werden, da ein Anwaltsbesuch in der Regel nicht notwendig ist und die Übermittlung des Auftrags nicht auf dem Postweg, sondern elektronisch erfolgt. Das Verfahren der Online Scheidung dauert in der Regel 4-8 Monate und kann besonders bei einvernehmlichen Scheidungen die Verfahrensdauer verkürzen.

Sorgerecht und Umgangsrecht außergerichtlich klären

Weitere Folgesachen einer Trennung oder Scheidung können Sorgerechts- und Umgangsrechtsverfahren vor dem Familiengericht sein.

Im Rahmen solcher Verfahren werden die Kinder meist von spezialisierten Fachkräften des Jugendamtes angehört und sind somit in das Verfahren involviert. Die Anhörung und die Kenntnis darüber, dass über das Sorge- oder Umgangsrecht gestritten wird, bedeuten für die Kinder so gut wie immer eine zusätzliche psychische Belastung, die nach Möglichkeit vermieden werden sollte.

Im Zweifel können sich Eltern beim Jugendamt professionellen Rat einholen und von dort aus begleitete Gesprächstermine organisieren, um einen Weg zu finden, gemeinsamen eine außergerichtliche Einigung zum Wohle der gemeinsamen Kinder zu finden.

Quelle:

Ulrich Schmidt-Denter & Wolfgang Beelmann
Familiäre Beziehungen nach Trennung und Scheidung:
Veränderungsprozesse bei Müttern, Vätern und Kindern
Forschungsbericht (Langfassung)
Universität zu Köln
1995

Mehr Informationen bekommt ihr hier.