Die folgenden Argumente zum Thema Pränataldiagnostik spiegeln weder die Meinung Mamaaempfs noch die der Autorin wider. Es ist eine wertfreie und informierende Wiedergabe.
Genetischer Bluttest, Nackentransparenz-Test, Fruchtwasseruntersuchung – was ist das überhaupt alles? Diese und einige weitere freiwillige Untersuchungen während der Schwangerschaft gehören zur Pränataldiagnostik. Das bedeutet “vorgeburtliche Diagnostik” und umfasst spezielle Untersuchungen, die nach Hinweisen auf Störungen oder Fehlbildungen bei dem ungeborenen Kind suchen. Dabei wird zwischen invasiven, die mit einem Eingriff in den Körper der Mutter einhergehen, und nichtinvasiven Verfahren unterschieden. Invasive Verfahren sind beispielsweise Fruchtwasseruntersuchungen oder Punktionen der Nabelschnur, zu den nicht invasiven Verfahren zählen unter anderen der Nackentransparenz-Test sowie genetische Bluttests. Die meisten dieser Tests werden regulär nicht von den Krankenkassen übernommen, sondern müssen selbst gezahlt werden.
Was können diese Untersuchungen zeigen? Beispielsweise Chromosomen-Abweichungen, wie Trisomie 21 können frühzeitig erkannt werden. Doch auch Herzfehler oder Fehlbildungen der Wirbelsäule werden möglicherweise sichtbar. Die Genauigkeit der Ergebnisse ist je nach Verfahren extrem unterschiedlich. Bei einem Bluttest liegt laut Anbieter die Treffsicherheit bei bis zu 99 Prozent, bei einem Nackenfalten-Ultraschall jedoch nur bei 75-90 Prozent. Außerdem besteht bei invasiven Verfahren eine höhere Gefahr, das Kind durch eine Fehlgeburt zu verlieren. Es kann nie die vollkommene Sicherheit gewährleistet werden, dass alle Auffälligkeiten gefunden werden können. Führt das Wissen durch die Pränataldiagnostik zu einer entspannteren Schwangerschaft oder sind das genug Gründe, um auf die Tests zu verzichten?
Pränataldiagnostik kann Eltern eine gefühlte Sicherheit geben, dass es ihrem ungeborenen Kind gut geht und es sich normal entwickelt. Doch was, wenn der Blick des Arztes angestrengter wird, niemand im Raum vor Anspannung zu Atmen wagt und das, was nun ausgesprochen werden muss, das ganze Leben der Familie verändert wird? Was, wenn mein Kind wirklich Auffälligkeiten zeigt? Dieses einschneidende Ergebnis während einer pränatal diagnostischen Untersuchung ist nicht immer ein Grund, über eine Schwangerschaftsabbruch nachzudenken, sondern auch, um für optimale Geburtsbedingungen und eine bestmögliche medizinische Versorgung im Anschluss der Geburt zu sorgen. Dass das allerdings nicht die Regel ist, zeigt die Quote von Abtreibungen nach einem positiven Befund von Trisomie 21, des sogenannten “Downsyndroms”: Neun von zehn Fällen führt dieser zum Abbruch der Schwangerschaft.
Doch für einige werdende Eltern ist die Antwort auf die Frage “Was dann?” ganz klar eine andere: nichts dann! Sie würden die Schwangerschaft weiterführen und ihr Kind behalten, auch wenn es Auffälligkeiten zeigt. Die Gründe dafür sind so unterschiedlich wie die werdenden Eltern selbst. Daher ersparen sie sich den Termin bei einem Pränataldiagnostiker und lassen die Untersuchungen einfach weg.
Jeder Frau mit einer normalen Schwangerschaft stehen drei routinemäßige Ultraschall-Untersuchungen zu, die von der Krankenkasse übernommen werden. Die zweite dieser Untersuchungen kann die Feindiagnostik sein, die der Kontrolle des Wachstums des Fötus dient, sowie verschiedene Organe und Körperpartien, die Lage der Plazenta und die Fruchtwassermenge beurteilt. Bei dieser Untersuchung können schwere Fehlbildungen erkannt werden. Dieser “Organultraschall”, wie er auch genannt wird, ist bereits ein Teil der Pränataldiagnostik. Wer die Ultraschalluntersuchungen nicht möchte, wird auch nicht dazu gezwungen. Es besteht in Deutschland keine Pflicht, sich in der Schwangerschaft ärztlich betreuen zu lassen und es gilt das Recht auf Nichtwissen. Wenn Frauen sich ohne eine Betreuung wohler fühlen oder sich Vorsorgeuntersuchungen einzig und allein von Hebammen wünschen, ist das legitim.
Im Internet finden sich etliche Erfahrungsberichte von Frauen, die pränataldiagnostische Untersuchungen machen ließen und einen positiven Befund bekamen. Bei einer Frau schaute der Arzt “aus Neugierde” nach der Transparenz der Nackenfalte. “Sie war ihm auffällig! Ich hatte solche Angst, dass mein Mann nun einen Marathonlauf machen würde und womöglich das Kind nicht wolle.” Sie selbst hätte ihr ungeborenes Kind “so oder so nicht hergegeben”. Das Kind des Paares kam trotz Auffälligkeiten gesund zur Welt, doch die Sorge blieb bis zum Tag der Entbindung. Erlebnisse von falschen Ergebnissen und folgenden traumatischen Ängsten in der Schwangerschaft führen werdende Eltern dazu, auf die Untersuchung zu verzichten.
Diesen Gedanken, dass es keinen Unterschied macht, falls das Kind eine Beeinträchtigung hätte, hat das “Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik” weitergedacht. “Die selektive Ausrichtung vieler vorgeburtlicher Tests und Untersuchungen wirft ethische Fragen auf. Zum einen geht es dabei um die Diskriminierung von Menschen, die mit den Beeinträchtigungen leben, nach denen vorgeburtlich gesucht wird. Ihre kulturelle Anerkennung steht in Frage. Zum anderen geht es um die rückhaltlose Annahme eines Kindes, wenn es auf die Welt kommt, ohne dafür Bedingungen zu stellen.” Menschen mit Beeinträchtigungen würde die Lebensberechtigung abgesprochen werden. “Vorgeburtliche Diagnostik sucht nach Normabweichungen. […] So werden all diejenigen an den Rand gedrängt, die in diese Normalitätsdefinitionen nicht hineinpassen.” (Ist weiterführend auf der Website des „Netzwerkes gegen Selektion durch Pränataldiagnostik“ zu lesen.)
Neben allen medizinischen und ethischen Zweifeln oder dem Wunsch, unter allen Umständen das ungeborene Kind zu behalten, gibt es auch noch die Eltern, die Pränataldiagnostik ebenso wie eine mögliche darauffolgende Abtreibung aufgrund ihres Glaubens ausschließen. Diese oft christlich geprägte Meinung beruht ursprünglich nicht darauf, die weibliche Fruchtbarkeit zu kontrollieren, sondern grundsätzlich auf dem Gebot “Du sollst nicht töten”. Desweiteren vertrauen sie darauf, dass Gott den Menschen nicht mehr auflasten würde, als sie tragen könnten.
Egal aus welchem Grund werdende Eltern sich für oder gegen pränatal diagnostische Untersuchungen entscheiden, die Entscheidung liegt bei ihnen allein und wird hoffentlich die für sie persönlich richtige sein.