geschrieben von Sarah
“Es ist 1996, meine Freundin ist weg … ” Sowas in der Art hat sich mein ehemaliger bester Freund damals vielleicht gedacht. Leider habe ich mich nicht in auf einer Südseeinsel gebräunt, sondern bin in eine andere Stadt gezogen.
Damals war ich neun Jahre alt und der Wechsel in die 4. Klasse stand an. Mein bester Freund besuchte mich anfangs noch ein paar Mal und ich ihn. Aber auch, wenn wir es damals hofften, der Kontakt hat natürlich nicht gehalten. Über Facebook tauschte man sich Jahre später mal kurz aus, wer was macht und wo man gerade ist. So schnell, wie der Kontakt zustandekam, endete er aber auch wieder mit einem “Hey! Jo, ich wohn auch in Köln! Sry bin grad etwas im Stress, bin mit meinen Dad unterwegs – ein Pferd hat sich das Bein gebrochen!” (Sein Vater ist Tierarzt).
2018 feierte ich, wie jedes Jahr an Altweiber, mit meinem besten Freund in Köln Karneval, zu der Zeit wohnte ich eigentlich in Krefeld. Wir zogen durch viele Läden und Clubs, tranken viel und feierten ausgelassen. Als wir einen kleineren Laden betraten, der ziemlich voll war, sah ich jemanden in einer Top Gun Verkleidung. Ich wusste, dass ich die Person kenne, musste kurz überlegen und dann fiel es mir ein. Ich ging zu ihm und sprach ihn an: “Hey, du bist doch Malte.”
Er schaute mich an, als wäre ich viel zu betrunken. Zugegeben, nüchtern war ich nicht, aber ich war mir wirklich sicher, ihn erkannt zu haben. “Doch, Malte J. Wir waren zusammen in einer Grundschulklasse.” Er schaute sehr irritiert und ich zweifelte, ob er es wirklich war. Als ich ihm meinen Namen sagte, konnte ich sehen, wie ihm alles aus dem Gesicht fiel. Da stand er vor mir – mein bester Freund von der 1. bis zur 3. Klasse (bis zu unserem Umzug). Und das an Altweiber – mitten in der Karnevalshochburg Köln.
22 Jahre hatten wir uns nicht gesehen. Und uns dann unter circa einer Million feiernder, verkleideter Menschen zufällig wieder getroffen. Dabei waren mein bester Freund und ich eigentlich seit Jahren immer viel früher in diesem Laden und um diese Uhrzeit eigentlich schon wieder ganz woanders.
Und Malte? Der wollte eigentlich gar nicht feiern und war morgens noch in Frankfurt arbeiten gewesen. Zu meinem (und seinem) Glück hatten ihn seine betrunkenen Freunde immer wieder angerufen und so lange genervt, bis er schließlich nachgab und vorbeikam.
Dabei war er noch nie in diesem Laden und wollte eigentlich woanders hin.
Unseren Familien, die sich ja auch noch von früher kannten, schickten wir ein Bild. Sein Bruder erkannte mich tatsächlich, meinen Eltern musste ich mit dem Namen auf die Sprünge helfen. Wir feierten weiter ausgelassen zusammen Karneval und tauschten Nummern aus.
Ich tat das Ganze erstmal als Karnevals-Flirt ab, ich hatte ja schließlich auch gar keine Zeit für eine Beziehung, geschweige denn eine gesucht. Wir schrieben hin und her und sahen uns Rosenmontag wieder. An Rosenmontag stellten wir fest, dass wir bereits schon einmal für drei Jahre gleichzeitig in Köln gewohnt hatten. Allerdings waren wir uns nie begegnet, obwohl wir damals in den gleichen Läden unterwegs waren.
Wir schrieben viel über das Glück unseres Wiedersehens. “Aber den Wink mit dem Zaunpfahl (dieses krassen Zufalls) hab ich verstanden, ich werde den Kontakt nicht wieder abbrechen lassen” schrieb er am nächsten Tag.
Und dann ging alles ganz schnell. Zwei Wochen nach unserem Wiedersehen hatte ich Geburtstag und er wollte unbedingt mit zum Essen mit meiner Familie. Ob er als ein Freund oder als “der neue Freund unserer bezaubernden Schwester mitkommt“, wollten meine Schwestern wissen …
Er schenkte mir zwei Karten für ein Konzert im Oktober – und das im Februar. Meine beste Freundin kommentierte sein Geschenk mit den Worten „Anmerkung der Redaktion:
Da plant jemand etwas Langfristiges.“ Eine gute Freundin sagte, ich würde mich anhören wie ein verknallter Teenie, wenn ich von ihm sprach.
Zugegeben, ihm war es früher klar als mir, aber wir wussten, dass wir zusammengehören.
eshalb wir noch im gleichen Jahr Nägel mit Köpfen machten und bereits zehn Monate nach unserem Wiedersehen zusammenzogen.
Nach knapp anderthalb Jahren war ich schwanger mit unserem absoluten Wunschkind – die Freude war riesig. Was hatten wir schon wieder für ein Glück! Im September folgte der Antrag im Portugal-Urlaub, sodass wir unseren Familien nicht nur diese schöne Nachricht, sondern auch die der Schwangerschaft überbringen konnten.
Vorletztes Jahr im Dezember haben wir standesamtlich geheiratet – ganz gemütlich nur mit der engsten Familie und – wie es sich in Köln gehört – einem anschließenden Besuch im Brauhaus. Im April letzten Jahres kam unsere kleine Tochter zur Welt. Es folgte ein Umzug in eine größere Wohnung mit genügend Platz für uns alle und im Januar erfüllten wir uns den Traum vom eigenen Hund.
Auch bis heute können wir unser Glück, uns nach über 22 Jahren zufällig wieder getroffen zu haben, kaum glauben. Und er behauptet bis heute, dass er schon bei unserem ersten Wiedersehen an Altweiber wusste, und es seinem besten Freund auch sagte, dass ich die Frau seines Lebens sei, mit der er seine Familie gründen würde.
Und so schlafe ich jede Nacht umgeben von meinem Glück.