geschrieben von: Tinka @this_is_tinks

Seitdem ich ein kleines Mädchen bin, weiß ich, dass ich mal Mama sein will. Ich wollte schon immer eine Familie mit vielen Kindern. Ich behielt eine romantische Vorstellung davon, bis ich erfuhr, dass nicht nur Mama-Sein einem manchmal Angst machen kann, sondern auch der Weg dorthin, eine Mutter zu werden…

Als wir mit unserem Sohn schwanger waren, erfuhren wir in der 20. Schwangerschaftswoche, dass ich eine sehr besondere Form einer Plazenta habe, mit der ich keine Wehen haben darf und mit der ich auf keinen Fall mein Kind „natürlich“ zur Welt bringen kann. Machte mir die Diagnose zunächst Angst, fühlte ich mich nach einiger Zeit bei den Ärzten um mich herum sehr gut aufgehoben und war ein wenig erleichtert, dass ich einen Kaiserschnitt haben werde. 

Und noch während ich das schreibe, zwei Jahre nach Carls Geburt, frage ich mich, ob ich „erleichtert“ darüber sein darf. Ich habe panische Angst vor einer natürlichen Geburt. Klar, vor den Schmerzen, wobei ich das nicht als Hauptgrund ansehen würde. Ich habe Angst, dass ich was falsch mache, mein Körper nicht das umsetzen kann, was er soll, ich nicht weiter weiß, das Baby womöglich stecken bleibt. Alle Horrorszenarien habe ich mir schon ausgemalt. Habe schon mit vielen darüber gesprochen, Ärzte, Freunde, viel gelesen und viel geschrieben. Und dennoch kann ich die Angst, die ich davor habe, nicht richtig in Worte fassen. 

Die „natürliche“ Geburt ist DIE wahre Geburt, die extreme Leistung einer Frau, während der Kaiserschnitt ist, was er ist: eine Operation. Da wird ohne viel Dazutun der Mutter das Kind aus dem Bauch geholt. So wird es einem vermittelt und zum anderen fühlt es sich auch ein wenig so an. 

Machte ich mir vor der Geburt keinerlei Gedanken darüber, merkte ich schnell, wie ich nach Carls Geburt begann, mich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis direkt zu rechtfertigen: „Ich hatte ja nur einen Kaiserschnitt, weil…“, „Nee, nee Carl wurde ja per Kaiserschnitt geholt…“ Mein Respekt für Mütter, die ihr Kind natürlich zur Welt brachten, wuchs ins Unermessliche. Weil sich ein Kaiserschnitt irgendwie nicht nach einer richtigen Geburt anfühlt. 

Aber warum ist das so? Darf man sich nicht den „einfachen“ Weg wünschen? Und vielleicht ist dieser vermeintlich einfachere Weg ja einfach nur der richtige Weg für einen. Und ist er so viel einfacher? Wer bestimmt das eigentlich? Wer definiert den Wert einer Geburt bzw. was eine richtige Geburt ist und was nicht? Und ist es am Ende nicht total egal?

Nun bin ich ein zweites Mal schwanger. Mir und dem Baby gehts gut. Jetzt in der 35. Schwangerschaftswoche sieht alles nach einer natürlichen Geburt aus. Und eine Frage steht wie der Elefant seit Beginn der Schwangerschaft im Raum: wieder ein Kaiserschnitt oder „natürliche“ Geburt? Für mich, aber auch für mein Umfeld. Eine Frage, die allen unter den Nägeln brennt. Das ist von keinem böse gemeint, das weiß ich. Und doch fühle ich mich unter Druck gesetzt. Denn: Selten war ich mir so unsicher. Ich kenne keine Wehen, keinen Kreißsaal – hier betrete ich neues Terrain. Mache das alles zum ersten Mal. Und so sehr ich mir wünsche, eine natürliche Geburt zu wollen und auch zu machen, ist da eine Stimme in meinem Kopf, die fragt: Machst du das für dich oder für die Menschen, die sonst denken, du gehst den einfachen Weg? 

Denn wie bei Kindern ist es auch bei der Art der Geburt: Jede/r hat eine Meinung dazu. Die Dreifach-Mama mit den Kaiserschnitten, die zweifache Mama, die ihre Kinder Zuhause zur Welt gebracht und nur Positives zu berichten hat, die eine Bekannte, die mir zum Kaiserschnitt rät, weil ich doch noch ordentlichen Sex haben will. Selbst Männer sagen mir, was das Beste für ihre Frau war und  meinen, dass mir das doch auch helfen wird. Und ich stehe da und weiß es nicht. Und das noch immer, nachdem ich ein tolles Gespräch mit meiner Mama hatte, die mir mit vielen Emotionen, aber auch ihrer gewohnt direkten Art sagte, dass das die beste Erfahrung ihres Lebens war: die natürliche Geburt. Mit Tränen in den Augen und dem warmen Blick, als sie mich in den Arm nimmt. Ganz fest, weil sie sieht, wie zerrissen ich bin. 

Ich bin ziemlich gut im Verdrängen, daher habe ich mir trotz wachsendem Bauch immer wieder gesagt: Du musst es noch nicht wissen, du hast noch Zeit. Jetzt im FinalCountdown, in dem es eigentlich wirklich jederzeit losgehen könnte, weiß ich es immer noch nicht. Und schreibe mir meine Unsicherheit von der Seele. Und dennoch weiß ich: Überhaupt die Wahl zu haben, ist ein riesiges Privileg! 

Ich weiß aber auch, dass ich mich nicht fragen will, was wäre wenn? Und neben all der Angst, die ich vor der Geburt habe, und den Zweifeln, stelle ich mir eine Geburt auch wahnsinnig schön vor. Also lasse ich es auf mich zukommen, schließe nichts aus und gebe meinem kleinen Spatz im Bauch, mir und meinem Körper die Chance, es gemeinsam zu schaffen. Sollte es doch anders kommen, dann ist so. Ich glaube genau das wird der für mich „einfache“ Weg sein, weil es der ist, mit dem ich Frieden finden kann. Denn am Ende sollte es nur darum gehen.