Frauen und ihre Finanzen – drei Erfahrungsberichte
Was passiert eigentlich, wenn es nicht gut ausgeht? Wenn man sich auf seinen Partner verlässt – auch finanziell – und die Beziehung scheitert? Im Laufe der Vorbereitungen für diesen Monat habe ich mir des öfteren die Frage gestellt und auch euch gefragt, ob ihr Erfahrungen habt und wie es euch erging. Drei gleiche, aber gleichzeitig ganz unterschiedliche Geschichten lest ihr heute und morgen auf aempf…
“Feminismus bedeutet, freie Entscheidungen treffen zu können.”
Kürzlich hatte ich eine Diskussion mit zwei meiner Freundinnen über das Thema finanzielle Unabhängigkeit und Muttersein. Ich: selbständig mit zwei Unternehmen, mit Kinderwunsch – privat teilen mein Partner und ich uns alle Kosten. Meine beiden hochschwangeren Freundinnen: in geringen Beschäftigungsverhältnissen, die Partner sind die Hauptverdiener.
Sie sagten: „Du willst zu viel. Du willst alle Rollen erfüllen: Unternehmerin, Visionärin, Mutter, Partnerin, Hausfrau, Freundin usw. Das ist toll, aber man kann nicht alles schaffen.” Die eine fügte hinzu: „Vielleicht solltest du deine Vorstellung von Feminismus überdenken. Ich denke, es heißt nicht, Kind und Karriere unter einen Hut bekommen, sondern sich frei zu entscheiden. Wenn du sagst, ich will drei Jahre Mama sein, dann ist das kein gesellschaftlicher Zwang, sondern deine Entscheidung. Feminismus bedeutet, freie Entscheidungen treffen zu können.“ Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Ist die freie Entscheidung, sich von einem Mann abhängig zu machen, in Ordnung? Auf der einen Seite denke ich: „Na klar! Jede Frau darf so leben, wie sie will. Jedes Lebensmodell ist richtig, wenn es sich gut anfühlt.“ Auf der anderen Seite: „Abhängigkeit ist nie richtig. Egal wie herausfordernd es ist, du solltest immer auf eigenen Beinen stehen können.“ „Mach dich niemals abhängig. Nur so kannst du eine gleichberechtigte Partnerschaft führen!“ – diese Worte begleiten mich seit meiner Kindheit.
Die Eltern als Nicht-Vorbild
Finanzielle und somit auch emotionale Abhängigkeit von dem Partner – vielen Frauen ist immer noch nicht bewusst, welches Risiko in einer solchen Abhängigkeit steckt. Meiner Mutter war es auch nicht bewusst, als sie mit Anfang 20 meinen 30 Jahre älteren Vater in den 1990ern kennenlernte. Sie verliebten sich Hals über Kopf, geheiratet wurde schnell, die Altlasten väterlicherseits (geschieden, mit drei Kindern von zwei Frauen, kein Kontakt) vergessen.
Da mein Vater der Hauptverdiener war, haben sie sich gemeinsam dazu entschieden, dass meine Mama zu Hause bleibt, sich um Familie, Hunde und Haushalt kümmert und manchmal im Unternehmen meines Vater mithilft. Mutterschaft ist der vielleicht schönste, aber auch anstrengendste und forderndste Job, den man haben kann. Das Problem: Kindererziehung und Hausarbeit sind unbezahlt. Viele arbeitende Mamas sagen, dass der Tag im Büro viel entspannter als die Zeit mit Kind ist. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass es kein Geld dafür gibt, zu Hause zu bleiben.
Ich erinnere mich gut, wie meine Mama meinen Papa fragen musste, ob er ihr für die neue Handtasche oder den Mantel Geld gibt, oder ob sie das gemeinsame Geld vom Konto nutzen kann. Diese unbedeutende Nachfrage ist oft in langen Diskussionen geendet, da mein Papa teilweise bedingt durch sein Alter und einschneidende Lebenserfahrungen eine andere Vorstellung davon hat, was man als Luxusgüter im Leben benötigt. Ihm ist Aussehen egal, er trägt auch „eine Hose von Aldi zu 7,95 Euro“ und ist glücklich. Irgendwann hat sie das Betteln aufgegeben und heimlich Geld beiseitegelegt, um sich ein paar schöne Dinge zu gönnen, die sie dann wiederum in einem Schrank versteckte.
Diese Diskussionen haben mich so sehr geprägt, dass ich mir mit zwölf Jahren meinen ersten Nebenjob gesucht habe. Ich wollte so viel Geld verdienen, dass ich niemanden um Erlaubnis fragen muss, ob ich mir diesen Mantel kaufen darf oder nicht. Insbesondere wollte ich mich nicht rechtfertigen müssen.
Das erste Gefühl von Unabhängigkeit
Es fühlte sich großartig an, sich selbst oder anderen etwas vom eigenen Geld zu kaufen. Und das Ganze ohne jemanden dafür fragen zu müssen oder Nachfragen über das Objekt der Begierde über sich ergehen zu lassen. Von dort an, fing ich akribisch an, an meiner Lebensplanung zu arbeiten.
Ich glaube, meine Eltern haben sich mit der Zeit an ihr Modell gewöhnt. Jedoch glaube ich, dass dies unterbewusst dazu geführt hat, dass sie die Beziehung nicht mehr auf absoluter Augenhöhe führen konnten. Die Spannungen nahmen mit den Jahren zu. Verbal verletzende Diskussionen (von beiden Seiten) fanden immer häufiger statt. Ich war 16 Jahre alt, als mein Vater sich von meiner Mutter trennen wollte. Er war nach einem Streit über Nacht nach Schweden gefahren und wollte dort auf unbestimmte Zeit bleiben.
Meine Mutter war am Boden zerstört. Die ersten Tage hat sie nur geweint. Ich sagte zu ihr: „Papa wird wieder kommen. Du weißt, dass sein verletztes inneres Kind in dem Moment gesprochen hat. Er wird zu sich kommen und einsehen, dass er sich falsch verhalten hat.” Keine Worte der Welt konnten ihr in diesem Moment diese schwere Last und den Schmerz nehmen. Sie sagte wortwörtlich zu mir: „Was soll ich jetzt machen? Ich bin doch mittellos. Eine 40-Jährige stellt doch niemand mehr ein! Wie soll ich meinen Lebensunterhalt verdienen? Werde ich für die Entscheidung, Mutter zu sein, bestraft?“ Dann guckte sie mich an und sagte: „Du musst für mich arbeiten gehen, mich nimmt doch niemand. Auch wenn du putzen gehen musst – wir brauchen das Geld!“ Ich schaute ihr fassungslos ins Gesicht. Wie kann eine Mutter so etwas zu ihrer minderjährigen Tochter sagen?
Finanzielle Abhängigkeit aus Bequemlichkeit?
Dieser Moment hat die Beziehung zu meiner Mutter verändert. Heute verstehe ich den emotionalen Hintergrund meiner Mutter. Damals aber nicht. Und es hat sich dieses negative Gefühl in mir breit gemacht, dass ich nie losgeworden bin. Ich kann bis heute schwer emotionale und körperliche Nähe meiner Mutter zulassen.
Nach drei Monaten und einem langen und emotionalen Gespräch kam mein Vater wieder zurück. An der finanziellen und psychologischen Abhängigkeit hat sich noch viele Jahre nichts verändert.
In Großstädten beobachte ich seit Längerem eine Rückwärtsbewegung. Frauen, die sich wieder bewusst freiwillig für viele Jahre auf die Familie konzentrieren. Aber warum ist das überhaupt so?
Aufgrund der Erfahrungen, die ich gemacht habe – wahrscheinlich eine Mischung aus fehlender Lebensplanung und -ziele, Unwissenheit und Bequemlichkeit, die dahintersteckt, befeuert durch falsche staatliche Anreize wie Ehegattensplitting und beitragsfreier Krankenversicherung. Die Abhängigkeit vom alleinverdienenden Ehemann/Partner stellt für diese Frauen anscheinend kein Problem dar. Sich im Beruf zu qualifizieren und zu beweisen, eigenes Geld zu verdienen, auf eigenen Füßen zu stehen, ist für sie kein vorrangiges Lebensziel.
Ich bin in der Zwischenzeit volljährig geworden, bin ausgezogen, habe auf viel verzichtet und habe mein erstes Unternehmen gegründet und stand mit 23 Jahren fest auf zwei Beinen. Ich denke, dass ich meine Disziplin und Zielstrebigkeit auch ironischerweise teilweise meiner Mutter zu verdanken habe, indem sie mir gezeigt hat, wie man es nicht machen sollte.
Es geht wieder bergauf
Ich habe sie in meinem Unternehmen fest angestellt, um sie aus der Abhängigkeit zu befreien. Und auch, um ihr Potenzial zu entdecken und freizuschaufeln. Und meine Güte: In meiner Mutter steckt eine starke und moderne Unternehmerin. Was sie daran hindert, ihr volles Potenzial zu leben, sind Glaubenssätze und Antreiber, die jedoch mit der richtigen Selbstreflexion zum persönlichen Wachstum beitragen können.
Inzwischen wirbelt sie mit ihrer frohen Natur in einem anderen Unternehmen herum, das sie mir (freundlich) abgeworben hat, und treibt die Umsätze Tag für Tag in die Höhe. Ich bin dankbar, dass sie durch verschiedene Umstände die Chance ergriffen und vor allem sich getraut hat, nach Jahren den großen Schritt in die Unabhängigkeit zu gehen.
Gewissermaßen hat diese Geschichte ein Happy End. Meine Mutter hat es nach vielen Jahren in die Unabhängigkeit geschafft. Der Weg war nicht einfach. Aber, wenn ich mir meine Mutter heute ansehe – wie glücklich, euphorisch und selbstbestimmt sie durch das neue Leben geht – lohnt es sich, den harten Weg der Gleichberechtigung zu gehen. Meine Eltern sind übrigens immer noch zusammen und lieben sich auf ihre komische Art und Weise.
Ich wünsche mir, dass andere durch die Geschichte meiner Mutter und mir lernen, dass es egal ist, wie jung oder alt man ist. Es gehört zur Würde eines Menschen, nicht von einem Partner oder vom Fortbestand der Ehe oder einer Lebensgemeinschaft abhängig zu sein. Der Weg in die Unabhängigkeit ist IMMER möglich!