„Es ist eine Touristenhochburg.“ „Bali braucht kein Mensch.“ „Diese Insel … ich verstehe sie einfach nicht.“ „Wenn ich Ballermann will, dann kann ich auch nach Mallorca fliegen.“ Nur ein paar Aussagen, die ich den letzten Jahren über Bali gehört habe. Von wem? Meinem direkten Umfeld – Freunden, Familie, Kollegen. Meine Antwort darauf war immer sehr leise. Ein nuschelndes „Hmmm“, weil ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte. Doch mit der Zeit ist es mir klar geworden. Klar, woran es liegt, dass die Meinungen über Bali so extrem unterschiedlich sein können, denn für Bali musst du bereit sein.
Es ist kein Geheimnis, dass die indonesische Insel im Indischen Ozean ein extrem besonderer Ort ist, denn auf Bali ballt sich die Energie. Bali wird auch betitelt als das Energiezentrum der Welt. Und dieser Titel kommt nicht von ungefähr, denn verschiedene Faktoren sind dafür verantwortlich, dass Bali so kraftvoll ist. Durch die vielen spirituellen Menschen, die Kultur und die Energiefelder, die messbar sind, erlangt die Insel diesen ganz besonderen Spirit. Doch um ihn zu fühlen, musst du ihn fühlen wollen. Eine Aussage, die wohl spiritueller klingt, als sie gemeint ist, denn um Bali zu verstehen, musst du keine Heiler besuchen, keine Opfergaben erbringen oder jeden Tag zum Yoga rennen, du musst nur offen dafür sein und alles, was du brauchst, wird zu dir kommen.
Du merkst: gar nicht so abstrakt.
Und dieses „Offen-Sein“ kannst du auf jeden Lebensbereich ziehen. Wenn du gerne eine Beziehung hättest, aber nicht offen dafür bist, andere Menschen kennenzulernen, wird es schwierig. Wenn du dich gerne gesünder ernähren möchtest, aber nicht bereit bist, andere Lebensmittel zu probieren, wird es schwierig. Wenn du gerne an dir arbeiten möchtest, ein Coaching absolvierst, aber nicht zuhörst, wird es schwierig. Wenn du dir Kunst anschaust, sie aber nicht versuchst zu verstehen, wirst du sie auch nicht verstehen.
Du merkst: gar nicht so abstrakt. Und so funktioniert auch Bali. Denn Bali ist (eigentlich) alles andere als ein bequemer Strandurlaub. Doch auch diesen kannst du dort haben. Wenn du das probierst, gehörst du nur höchstwahrscheinlich zu den Menschen von oben, die sagen, dass Bali unnötig ist. Auf Bali gibt es nämlich wenig weiße Sandstrände, Schnorchelbuchten und Wasservillen. Die wenigen, die es gibt, findest du im Osten von Bali oder auf dem letzten Zipfel im Süden. Dort reihen sich Luxushotels an Luxushotels. Nicht schlecht, aber ganz und gar nicht Bali. Es ist in etwa so, als wenn du ein neues Land kennenlernen willst und in einen Robinson Club fährst. Schön, aber wirklich nicht authentisch.
Ich will hiermit nicht sagen, dass ein All-Inclusive-Hotelurlaub nicht toll ist. Ich liebe solche Urlaube. Bali ist aber anders. Bali ist anstrengend – anstrengend schön. Wenn du „bereit“ bist und die Insel betrittst, wirst du es merken. Deine Zeit hier wird dich verändern. Es hat etwas Magisches an sich, dieser Ort, der von vielen Menschen bereist wird, um sich selber zu finden. Und auch ich habe ihn genau deswegen besucht. Was ich gefunden habe? Mich selber. Ganz schön kitschig, aber so war es. Dafür musste ich aus meiner Komfortzone raus. Ich habe meinen Rucksack gepackt, habe mir ein Flugticket gebucht und bin alleine abgehauen.
Ich hatte keinen Plan
Damals gab es für mich auch noch kein Instagram. Ich habe jegliche Ablenkung vermieden und mich von der Energie leiten lassen. Das war 2015 und fühlt sich an, als wäre es schon Ewigkeiten her. Meine sechs Wochen damals waren kein Zuckerschlecken und damit meine ich nicht die Fischvergiftung, die mich komplett ausgeknockt hat oder das Alleinesein. Damit meine ich, dass ich mich jeden Tag, jede Minute nur mit mir auseinandergesetzt habe. Ich habe die ganze „Scheiße“ an die Oberfläche gekehrt und mich gereinigt. Habe mit Gurus gesprochen, Heiler besucht, habe jeden Tag Yoga gemacht, spirituelle Bücher gelesen. Das alles war aber nicht so geplant. Ich hatte keinen Plan. Ich bin dort angekommen und beschloss, mich einfach treiben zu lassen. Bali hat mir meinen Weg gezeigt. Der ja – wie die meisten von euch wissen – am letzten Tag zu meinem jetzigen Mann führte, aber das ist eine andere Geschichte.
Für mich ist Bali wie ein Feuerball des Lebens. Ein leuchtender, pulsierender Ort, der brennt, aber anstatt heiß zu werden und Verbrennungen zu verursachen, flackert aus jeder Pore des „Balls“ Leben. Energie. Kraft. Das bedeutet auch, dass dieser Ort laut ist und leider auch dreckig, es ist wuselig und oft voll. Dinge, die einen – die mich – nicht stören, sie gehören dazu, sind die andere Seite der Medaille. Aber für Menschen, die Bali besuchen, um dort einen entspannen Strandurlaub zu verbringen, sind diese Punkte natürlich der Horror. Meine Antwort auf jede Frage nach Bali, jedem ausgesprochen Reisewunsch meiner Bekannten, lautet also nun: Meinst du, dass du dafür bereit bist? Willst du richtig Urlaub, abschalten und runterkommen? Oder möchtest du einen Ort kennenlernen, der dich verändern wird, wenn du es zulässt?