Wie oft ich in den letzten Jahren diesen Satz gehört habe: „Auf einer Luftmatratze schlafe ich nicht mehr, dafür bin ich zu alt!“ Ich habe dann immer genickt und es irgendwie verstanden, mir aber insgeheim auch gedacht: Meine Liebe, du bist Mitte 30 – was sagst du, wenn du 70 bist?

Zelturlaub in Deutschland, das ist so wie Rosenkohl: Entweder du bist Fan oder du nimmst laut schreiend Reißaus. Interessanterweise – eigentlich wie bei Rosenkohl – gründen die meisten Menschen ihre Abneigung aber auf einem einzigen Erlebnis, das es ihnen für immer und ewig madig gemacht hat. Was wirklich schade ist. Denn gerade für Eltern mit Kindern ist Zelten schlicht und ergreifend die einfachste und für alle entspannteste und nicht zuletzt günstigste Urlaubsform. 

Gerade in Coronazeiten ist Zelten eine echte Alternative: Von Flugreisen wird noch immer abgeraten, die Einreiseregeln ins Ausland verändern sich quasi täglich und Ferienwohnungen sind von Fehmarn bis ins Allgäu spätestens seit letztem Sommer hoffnungslos ausgebucht. Auf Campingplätzen hingegen findet sich meistens noch ein Eckchen, wenngleich man auch hier mitunter etwas suchen muss. Eine gute Übersicht bietet die Seite Campingplatz Deutschland.

Mit meiner Familie war ich schon Backpacken in Thailand, habe All-Inclusive auf den Kanaren gemacht und zig Ferienwohnungen oder -häuser durchgetestet. Wir waren auch mit dem VW-Bus und mit einem Wohnmobil unterwegs. Das war alles schön, keine Frage. Aber die wonnigsten Erinnerungen habe ich an unsere Zelturlaube an der Ostsee. Und ich lege es allen ans Herz, einen richtigen Zelturlaub auszuprobieren, also nicht mit Wohnmobil oder Bus.

Allerdings ist es auch hier wieder so wie bei Rosenkohl: Es kommt drauf an, wie du es machst.

3 Gründe, warum Zelten der schönste Urlaub ist

Draußensein: Habt ihr Stubenhockerkinder? Beim Zelten erledigt sich das: Ihr steht morgens auf und seid einfach schon draußen. Meistens sind die Campingplätze mitten im Wald, direkt am Meer oder in den Bergen. Die schönsten Spazierwege beginnen quasi direkt am Platz. Und selbst wenn ihr euch zwei Wochen lang nicht von eurem Zelt wegbewegt: Ihr seid trotzdem die ganze Zeit draußen: beim Kochen, Essen, Schlafen. Das Gefühl von frischer Luft um die Nase, Tag und Nacht, ist einfach unvergleichlich. Das ist übrigens auch mein Argument gegen Wohnmobil oder Bus, die sicher auch Vorteile haben. Doch die schönsten Fleckchen in den Dünen, auf der Waldlichtung oder direkt am See sind eben doch auf den meisten Campingplätzen für Zelte reserviert. 

Anschluss: Auf Campingplätzen gibt es meistens viele Kinder. Also: VIELE Kinder. Bei uns dauerte es oft nur wenige Stunden und unsere Kids hatten Freunde gefunden. Fortan waren sie auf ihren eigenen Wegen. Zeltplätze sind so wie kleine geschlossene Dörfer, nur besser: Irgendjemand hat schon einen Blick auf die Kleinen. Wir haben unsere Jüngste schon mit zwei selbständig loswetzen lassen (klar, ihre große Schwester war dabei und sie lief nie aus unserer Sichtweite). Und wenn doch mal jemand fehlt: Man weiß schnell, welche Eltern zu welchen Freunden gehören, so kann man immer mal gucken gehen, ob alles ok ist. Manchmal wird man dann gleich auf einen Kaffee eingeladen oder verabredet sich mit den anderen Eltern zum gemeinsamen Grillen. Ja, auch Erwachsene finden auf Campingplätzen einfach super leicht Anschluss. Irgendwie sind hier alle gleich – das erleichtert das Connecten sehr.

Freiheit: Und zwar für alle, Kinder und Eltern. Es ist einfach grandios für Kinder, so viel selbständig unterwegs sein zu können. Sie bilden Banden, hecken Streiche aus, erkunden eine eigene Welt, sicher und begrenzt. Und das ermöglicht den Eltern die größtmögliche Freiheit: Ich hatte in keinem Urlaub so viel Zeit für mich wie beim Zelten. Im Campingstuhl sitzen, ein gutes Buch in der Hand, immer mal nach den Kindern gucken – ehrlich gesagt, geht es kaum besser. Bei uns stellt sich beim Zelten immer schon nach wenigen Tagen eine extreme Entspannung ein. Fortan sind uns alte Tagesrhythmen egal. Die Kinder gehen erst mit dem Dunkelwerden ins Bett und schlafen trotzdem lang. Muss an der Luft liegen. Oder an unserem Chill-Modus.

Wirklich, ist einfach alles perfekt? Na gut, ich gebe es zu: Zelten hat durchaus ein paar Nachteile. Aber die lassen sich, finde ich, gut aus der Welt räumen.

Es gibt einen Hauptgrund, warum Zelten hierzulande für manche mies klingt: Deutschland hat Wetter.

Natürlich garantiert niemand, dass es auf Rügen zwei Wochen lang nicht regnet oder in der Fränkischen Schweiz immer über 25 Grad sind. Leider muss man sich auch im Sommer auf streckenweise echt mieses Wetter einstellen. Darum ist Folgendes essenziell:

Ein gutes Zelt. Für eine Familie ist es empfehlenswert, eins mit Vorzelt zu haben, also einem abgetrennten Schlafbereich. Das Vorzelt sollte so groß sein, dass ihr darin auch mal einen Regennachmittag chillen und Hörspiele hören könnt. Über Zelt-Typen könnte man natürlich Bücher schreiben und ich würde euch dringend raten, euch richtig gut zu informieren. Einen guten Überblick bietet Globetrotter.

Wir haben uns für ein Zelt aus Baumwoll-Material entschieden. Das heizt sich in der Sonne nicht so stark auf und hält starkem Wind Stand. Es ist allerdings sehr schwer und hat ein großes Packmaß. Falls ihr ein kleines Auto habt, greift lieber zu einem Nylon- oder Polyester-Zelt und achtet darauf, wie viel Gewicht es verpackt hat. Die Zeltplätze berechnen übrigens pro Quadratmeter, also guckt unbedingt, wie viel Platz euer Zelt aufgebaut braucht.

Gute Matratzen und Schlafsäcke. Auch hier: Informiert euch am besten beim Fachhändler. Aber ich rate euch, auf keinen Fall bei den Schlafsäcken zu sparen. In Deutschland wird es nachts auch im Sommer echt frisch. Das Gleiche gilt für Luftmatratzen oder Isomatten – hier gibt es inzwischen ganz tolle Produkte, die wärmen und super bequem sind. Von wegen „zu alt!“ 
Pro-Tipp 1: Wenn ihr ein großes Auto habt, könnt ihr auch einfach eure Bettdecken einpacken. Nicht alle stehen auf die Enge im Schlafsack.
Pro-Tipp: 2 Nehmt für jedes Familienmitglied eine Wärmflasche mit. Es gibt nichts Schöneres, als in einer kühleren Nacht mit warmen Füßen einzuschlafen.

Gute Klamotten. Jawoll, beim Zelten ist es noch mal wichtiger, dass ihr Regenzeug für alle dabei habt und wirklich nicht nur Sandalen. Weil: Wenn man immer draußen ist, sollten nicht jeden Tag drei paar Socken durchweichen, da kommt man mit dem Trocknen nicht mehr nach. Ich empfehle außerdem tatsächlich ein Set Wollunterwäsche, aber ich bin auch eine Frostbeule.

Alles andere ist eher zweitrangig und wird sich finden. Ich empfehle aber unbedingt, für den ersten Zelturlaub nicht gleich alles Equipment komplett neu zu kaufen. Hört euch in eurem Bekanntenkreis um: Wer hat noch Zelte, Luftmatratzen, Campingkocher da und würde sie euch leihen? Wenn ihr dann auf den Geschmack gekommen seid und wisst, dass ihr wieder mal zelten fahren werdet, könnt ihr euch immer noch nach und nach das Equipment anschaffen.

Und sonst so?

Dem Zelturlaub steht also nichts mehr im Wege. Oder? Hier kommen die drei größten Fehler, die wir gemacht haben und die ihr vermeiden solltet:

Zu wenig mitnehmen: Beim ersten Zelturlaub waren wir ambitioniert und reisten mit kleinem Gepäck an. Uns fehlten dann aber essenzielle Dinge wie eine Spülschüssel, ein leichtes Topfset (wir hatten wirklich unsere schweren Töpfe von zu Hause mitgenommen, was beim Abwaschen echt nervig war) – oder, ganz wichtig: eine Wäscheleine. Im Netz gibt es super Checklisten fürs Zelten mit Kindern, die ihr nach euren Bedürfnissen modifizieren könnt.

Zu viel mitnehmen: Im zweiten Zelturlaub nahm ich aus der Erfahrung des ersten viel zu viel mit. Ich besorgte mir sogar einen zusammenklappbaren Küchenschrank … Sagt nichts. Irgendwie wollte ich es wie zu Hause haben. Aber das ist natürlich ein Irrtum. Der Charme am Zelten ist das Improvisierte, das Unfertige. Dass es eben KEINE Ferienwohnung ist. Und ihr werdet merken: Zu Hause fragt ihr euch dann, wieso um Himmels Willen ihr so viel Zeug habt.

Zu lange durchhalten: Einmal waren wir besonders mutig und fuhren mit dem Zelt nach Schweden. Wir hatten ein paar wunderschöne Tage – und viele schlechte. Denn es war tatsächlich der regnerischste schwedische Sommer seit 50 Jahren. Irgendwann waren einfach ALLE Sachen nass und trockneten nicht mehr. Doch wir wollten das durchziehen! Dabei lagen wir nachts zitternd in unseren Schlafsäcken. Erst als – wirklich wahr! – an unserem in einer tiefen Pfütze stehenden Zelt ein Frosch vorbeischwamm, entschieden wir uns, vorzeitig abzubrechen. Zum Zelten gehört Flexibilität, und das bedeutet auch: Macht es euch nicht schwerer, als es sein muss, und beendet den Urlaub, wenn absolut kein gutes Wetter mehr in Aussicht ist.Alles in allem ist Zelten einfach das Größte. Meine Kinder haben die schönsten Erinnerungen an unsere Urlaube mit dem Zelt – und selbst ich erinnere mich noch an die Freiheit, die ich als Kind auf dem Campingplatz hatte.