Therese Kersten wurde selbst betrogen und gründete daraufhin eine Agentur für Treuetests. Inzwischen helfen 3.000 Treuetester*innen ihr dabei, Fremdgeher*innen zu überführen. Wie die Treuetests funktionieren und welche Seitensprünge der Treuetesterin besonders im Gedächtnis geblieben sind.
Liebe Therese, du leitest seit knapp 13 Jahren eine Agentur für Treuetests. Wie bist du zu diesem ungewöhnlichen Beruf gekommen?
Als ich Anfang 20 war, habe ich mich in einen Mann verliebt, der deutlich älter war als ich. Er war sehr charismatisch, konnte gut reden. Wir waren einige Jahre zusammen und ich wurde schwanger von ihm. Doch dann beschlich mich immer mehr ein ungutes Gefühl. Ich hatte den Verdacht, dass er sich mit anderen Frauen traf. Wenn ich ihn darauf angesprochen habe, hat er immer alles abgestritten. Er meinte, ich sei krankhaft eifersüchtig und würde mir das alles nur einbilden. Aber es gab einige Hinweise, die mich immer misstrauischer machten.
Als ich im 8. Monat schwanger war, wollte ich endlich Gewissheit haben und habe mich in sein E-Mail-Konto eingeloggt. Ich kannte das Passwort nicht, aber die Sicherheitsfragen waren für mich leicht zu beantworten. Was ich dort entdeckt habe, war unglaublich. Es gab Hotelbuchungen, Urlaubsbuchungen, Flugtickets von anderen Frauen und sogar einen Mietvertrag von einer Wohnung, die er offenbar noch mit seiner angeblichen Ex-Partnerin hatte. Obwohl ich hochschwanger war, habe ich mich direkt getrennt.
Nach der Geburt meiner Tochter entstand die Idee für die Treuetests. Dabei geht es mir nicht um Rache. Was ich möchte, ist, dass andere, die in einer ähnlichen Situation sind, schneller Gewissheit bekommen. Anfangs habe ich die Treuetests allein durchgeführt. Inzwischen arbeiten mehr als 3.000 Treuetester*innen für meine Agentur und ich befasse mich hauptsächlich mit der Organisation.
Was hast du denn eigentlich beruflich gemacht?
Ich habe zuerst Abitur gemacht und neben der Gründung meiner Agentur auch noch BWL studiert und später in der Immobilienbranche gearbeitet. Aber inzwischen leite ich tatsächlich nur noch meine Agentur für Treuetests.
Welche Varianten von Treuetests bietet ihr an und welche davon sind am meisten gefragt?
Es geht los mit Treuetests via Social Media: WhatsApp, Instagram, Facebook, TikTok, Tinder und andere Fremdgeh-Portale, das ist alles möglich und sehr gefragt. Dann bekommt der Partner oder die Partnerin des Kunden oder der Kundin beispielsweise 10 bis 50 Nachrichten von einem Lockvogel, der ihn oder sie gerne kennenlernen möchte. Außerdem bieten wir Telefontests und E-Mail-Tests an. Weiter geht es mit Spermatests. Wir können zum Beispiel ein Wäschestück oder ein Taschentuch daraufhin testen, ob Spermaspuren darauf sind.
Sehr gerne ziehen unsere Lockvögel auch persönlich los und observieren potenzielle Fremdgeher oder versuchen, sie zum Fremdgehen zu verführen. Dabei gehen unsere Tester*innen maximal bis zu einem Kuss. Die Kosten für einen Treuetest liegen je nach Umfang zwischen 44 und 349 Euro, für persönliche Einsätze erstellen wir individuelle Angebote. Das Ergebnis wird schriftlich mitgeteilt und von uns nicht bewertet. Auf Wunsch kann der Kunde oder die Kundin aber gerne mit mir darüber sprechen, wie es ihm oder ihr mit dem Ergebnis geht und was er oder sie daraus machen soll.
Werden die Leute nicht misstrauisch, wenn sie aus heiterem Himmel eine Nachricht von einem netten Mann oder einer hübschen Frau bekommen?
Nein, wir fallen ja nicht gleich mit der Tür ins Haus, sondern gehen da ganz entspannt heran, so wie es ein normaler Single auf Partnersuche auch tun würde. Beispielsweise wird mal ein Bild geliked, dann kommt eine Nachricht oder eine Kontaktanfrage und irgendwann später wird nach einem persönlichen Treffen gefragt.
Und wie läuft ein persönlicher Treuetest ab?
Da teilt uns der Kunde oder die Kundin zuerst mit, welcher Typ Mann oder Frau hinsichtlich Alter und Aussehen für den Test infrage kommt. Dann besprechen wir, wo der Lockvogel die Testperson ansprechen könnte, beispielsweise auf der Arbeit, beim Sport oder vielleicht auch beim Einkaufen. Und dann ziehen unsere Lockvögel los und versuchen, die Person anzusprechen.
Dazu muss ich sagen: Das können wirklich nur Tester und Testerinnen machen, die wirklich alles und jeden ansprechen können und da überhaupt keine Hemmungen haben, denn es sind manchmal schon skurrile Situationen. Ich musste mal einen Mann im Schwimmbad ansprechen und dann stehst du da in deinem Bikini und musst dir was Gutes einfallen lassen. Oder du stehst auf dem Markt und sollst einen Mann ansprechen, der dort Obst verkauft, und musst dann zwischen Erdbeeren und Äpfeln ein nettes Wort fallen lassen, damit der Mann dir bestenfalls seine Visitenkarte gibt und du per WhatsApp Kontakt aufnehmen kannst. Das muss man schon können.
Wer sind eure Kunden und warum buchen sie Treuetests?
Unsere Treuetests werden von Frauen und Männern gebucht, zwischen 60 und 70 Prozent unserer Aufträge kommen von Frauen. Die meisten Auftraggeber*innen sind zwischen 30 und Mitte 40. Viele wollen einen Treuetest, weil in der Beziehung schon einmal etwas vorgefallen ist, sie ihrem Partner eine zweite Chance gegeben haben und jetzt wissen wollen, ob er oder sie daraus gelernt hat und nun treu ist.
Andere haben ein schlechtes Bauchgefühl, kommen mit Reden in ihrer Beziehung aber nicht weiter und wollen sich auf diesem Wege Gewissheit holen. Manche machen auch gleich am Anfang einer Beziehung einen Treuetest, wenn sie jemanden gerade kennengelernt haben, einfach, um sicherzugehen, dass sie ihre Zeit nicht an jemanden verschwenden, der es nicht ernst mit ihnen meint. Ein weiterer Anlass für einen Treuetest ist für viele auch der Beginn eines neuen Lebensabschnitts, das heißt, viele lassen einen solchen Test machen, bevor sie jemanden heiraten oder mit der Kinderplanung starten.
In welchen Ländern kann man eure Treuetests aktuell buchen?
Prinzipiell kann man unsere Treuetests überall buchen. Derzeit sind wir im deutschsprachigen Raum am stärksten vertreten, ich arbeite aber gerade daran, unser gesamtes Angebot auf Englisch verfügbar zu machen. Ich glaube, das Thema hat international noch so viel Potenzial, da können wir noch einiges mehr aufbauen. Ich denke zum Beispiel an Treuetests im Urlaub, beispielsweise Observationen auf Ibiza. Gerade im Sommerurlaub gehen so viele fremd, da gibt es noch viele Einsatzmöglichkeiten mehr für unsere Treuetester*innen! Ich selbst komme aus Deutschland, lebe aber inzwischen in Paris, also sind auch hier Treuetests möglich.
Du hast selbst schon sehr viele Treuetests gemacht und arbeitest heute auf Anfrage auch noch persönlich als Testerin. Wie fühlst du dich bei einem Treuetest?
Für mich sind Treuetests etwas ganz Natürliches, ich habe gar keine Hemmungen, jemanden anzusprechen, bin eher gespannt, was bei der Testperson wohl möglich sein wird. Ich muss mich auch kaum darauf vorbereiten, wenn ich beispielsweise jemanden anrufe, ich plappere einfach drauf los. Es ist natürlich jedes Mal spannend, ob jemand sich auf mich einlässt, wie aktiv ich sein muss oder ob die Person sogar von sich aus auf mich zugeht, denn das sagt ja auch schon viel darüber aus, wie jemand ist.
Der größte Reiz ist für mich, mit gezielten Fragen schnell herauszufinden, ob der andere treu ist, ohne dass es ihm groß auffällt. Wenn ein Mann zum Beispiel keinen Ehering trägt, obwohl da ein Ring sein müsste, frage ich ganz charmant danach. Wenn er dann antwortet, dass er schon ewig Single ist, obwohl er seit fünf Jahren verheiratet und Familienvater ist, ist die Sache ziemlich schnell klar. Es ist ein bisschen wie Sherlock Holmes spielen.
Welche Betrugsgeschichten sind dir besonders in Erinnerung geblieben?
Einmal sollte ein Mann in einer Disco angesprochen werden. Er war dann schon mit einer anderen Dame dort, zu allem Übel hat er mir aber auch noch seine Nummer gegeben, obwohl er mit dieser Frau da war und auch noch eine Freundin hatte.
Ein anderes Mal haben wir von einem Mann aus Österreich verschiedene Objekte von seiner Frau für Spermatests zugeschickt bekommen, auf denen wir auch Sperma gefunden haben. Er hat daraufhin Vaterschaftstests für seine Kinder durchführen lassen und dabei hat sich tatsächlich herausgestellt, dass er für eines seiner Kinder maximal als Onkel oder als Großvater in Betracht kam. Seine Frau hat ihn mit seinem Bruder betrogen.
Was sind die Gründe für das Fremdgehen?
Bei den Männern sind es meist sexuelle Gründe. Ihre sexuellen Bedürfnisse werden in der Beziehung nicht befriedigt, sie haben Lust auf neue Reize oder lassen sich auf spontane Gelegenheiten ein. Die Frauen gehen eher aus emotionalen Gründen fremd. Sie bekommen zu wenig Anerkennung und Zuwendung in ihrer Partnerschaft und verlieben sich dann vielleicht sogar fremd. Dementsprechend gehen Frauen häufig über einen längeren Zeitraum mit einer Person fremd, während Männer eher mit mehreren Frauen fremdgehen und das dann jeweils einmalig.
Ist es schon mal passiert, dass ein Treuetester oder eine Treuetesterin nachher mit der Person zusammenkam, deren Treue er oder sie testen sollte?
Ehrlicherweise: Ja, das ist schon mal passiert. Damals hat eine Frau einen Mann getestet und er ist darauf eingegangen. Sie hat dann aufgehört, für uns als Testerin zu agieren und etwa ein Jahr später habe ich gesehen, dass die beiden zusammen waren. Wie genau sich die Geschichte entwickelt hat, weiß ich nicht. Ich weiß nicht, ob er wusste, dass sie eine Treuetesterin war. Aber ja, es ist so: Unsere Testerinnen und Tester sind auch nur Menschen und für Gefühle kann ich meine Hand nicht ins Feuer legen. Das muss auch jedem bewusst sein, der einen Treuetest in Auftrag gibt.
Wie reagieren die Frauen und Männer, die euch beauftragen, auf die Ergebnisse eurer Treuetests?
Meist schicke ich das Ergebnis per E-Mail oder per WhatsApp. Manche schreiben dann gar nicht mehr zurück, die haben dann ihr Ergebnis und machen das mit sich aus. Andere schimpfen über die getestete Person oder fragen, wie sie mit dem Ergebnis umgehen sollen, ob sie sich trennen sollen. Ich finde, ein Seitensprung muss nicht immer zwangsläufig eine Trennung zur Folge haben, er kann ja auch Anlass sein, über die Beziehung zu reden, aber das muss jede und jeder für sich selbst entscheiden.
Du bist selbst betrogen worden. Inzwischen bist du seit vielen Jahren wieder glücklich in einer Beziehung. Wie hast du es geschafft, nach dem massiven Vertrauensbruch, den du erlebt hast, wieder zu vertrauen?
Dass ein Mensch mich hintergangen hat, muss ja nicht automatisch heißen, dass der andere das auch tun wird. Ich bin darum sehr offen an meine neue Beziehung herangegangen, muss aber natürlich auch zugeben, dass ich mich oft dabei erwischt habe, dass mich gewisse Situationen sehr getriggert haben. Mein Partner ist Musiker, das heißt, er hat oft Auftritte und begegnet dort Frauen, die dann auch auf Fotos zu sehen sind. Damit hatte ich ganz schön zu tun, das waren sehr unangenehme Gefühle. Ich konnte es auch nicht leiden, wenn er in Social Media mit anderen Frauen zu tun hatte.
Irgendwann habe ich aber realisiert, dass ich an mir und meinen Ängsten arbeiten muss, damit Sorgen meine neue Beziehung nicht zerstören. Sich genau damit zu beschäftigen, was tatsächlich die Ursachen meiner Ängste waren und die Erfahrungen in früheren Beziehungen und meiner Kindheit aufzuarbeiten, war das Einzige, was mir geholfen hat.
Eine meiner zentralen Erkenntnisse dabei war: Es ist so wichtig, dass du deinen Partner nicht kontrollierst. Nicht ins Handy schauen, nicht auf Social Media schauen, wem er folgt, was er da tut, lass ihn einfach machen. Wenn er fremdgehen will, geht er eh fremd. Aber kontrolliere ihn nicht, denn das macht dich selbst und die Beziehung nur kaputt. Das Beste, was man machen kann, ist zu vertrauen und immer offen und ehrlich zu kommunizieren, auch wenn es manchmal unangenehm wird.
Mehr Infos und Kontakt zu Therese Kersten: die-treuetester.eu