vater werden

Das einzige was half war das ständige ins Gedächtnis rufen der Floskel „So viele vor dir sind auch schon Papa geworden.“ Haben es auch hingekriegt. Klar, mal besser, mal schlechter und man will natürlich lieber zu den Besseren gehören. Wie wird man einer der besseren Daddys dieser Welt? Ich hab doch noch nie ein Kind gewickelt, gefüttert, auf dem Arm gehabt…. Und wieder: „So viele vor dir sind auch schon Papa geworden.“

Keine Ahnung wie es funktioniert. Nie ein Kind gewickelt. Niemals ein kleines Baby auf dem Arm gehabt. Und noch nie ein Baby gefüttert. Keiner meiner Freunde ist schon Vater geworden. Keine kleinen Cousinen oder Cousins, die man hätte groß werden sehen können oder große Cousinen oder Cousins, die bereits Kinder hätten. Keine Geschwister, die so viel jünger waren, dass man die Erziehung eben solcher beobachten konnte. Dinge, über die man sich nie zuvor Gedanken gemacht hat, klingen nach Gesprächen mit Freunden, Bekannten, Familie, Gleichgesinnten, Nicht-Gleichgesinnten, Kollegen, wie die Raketenwissenschaft.

Intuition

Doch ist es erst einmal soweit, siegt die Intuition. Intuition und Ruhe. Ruhe und Hingabe. Hingabe und gewissermaßen Aufgabe. Aufgabe von Zielen, die man sich selbst mal gesteckt hat und dem Aufbau von Idealen, die man seinem Kind weitergeben möchte. Wenn man handeln muss, handelt man. Schreit das Baby: steht man auf. Ohne zu zögern, ohne mit der Wimper zu zucken. Ohne in Frage zu stellen. Das ist gut so und man hört auf, über unnötige Dinge nachzudenken. Vor allem über Namen und Bezeichnungen. Alles hat einen Namen. Die Art des Wickelns, die Weise des Haltens, die Variante des Stillens, die Erziehungsweise. Wichtig ist nur, dass du wickelst, dass du hältst, dass du stillst, dass du erziehst. Diszipliniert durch das stundenlange Runden drehen auf dem drei Meter langen Wohnungsflur mit Krämpfen im Arm und Ziehen im Rücken, einer ausgetrockneten Zungenspitze vom ununterbrochenen, eintönigen Schhh-Laut, hat man außerdem sehr viel Zeit zum Nachdenken. Zumindest, wenn dieses Prozedere erst einmal zur Routine geworden ist.  Man bekommt Respekt vor allen Eltern dieser Welt, sieht Situationen aus der eigenen Kindheit aus ganz anderer Perspektive und kann Floskeln aus der Kategorie „… so lange du deine Füße unter meinen Tisch stellst…“ als ein Verlangen eines Quäntchens Respekt verstehen. Der Moment wird in ferner Zukunft kommen. Der Moment, bei dem man sich dabei erwischt, wie diese Floskel einem über die Zungenspitze gleitet und man sich auf halber Strecke schon ertappt, kaputtlacht oder den Kopf schüttelt und sich deswegen jegliche Autorität eigenhändig unter den Füßen wegzieht.

Einer reicht!

Wenn ich mir heute vorstelle welcher Tipp mir weitergeholfen hätte, wäre es folgender: Lese einen Ratgeber. Einen. Nicht Hundert. Verschaff dir einen Überblick und vergiss dann wieder alles. In der entsprechenden Situation werden dir Fragmente wieder einfallen. Ohne ihre doofen Namen. Methoden benannt nach „Dr.-Von-und-Zu“. Dann wirst du Sie ausprobieren. Wenn das nicht zieht: Ruhe bewahren, zurück auf Start, aufs nächste Fragment warten…  Ach ja, und: So viele vor dir sind auch schon Papa geworden!

P.S: Danke Dr.-Von-und-Zu für Ihre Pionierarbeit, aber das kann sich doch keiner merken.

P.P.S: So viele vor dir sind auch schon Papa geworden.