Scheidung corona

 

 

Na, arbeitet ihr auch von zuhause aus? Mit Kind und Partner? Seid ihr auch so genervt von der Situation? Neben der Arbeit im Homeoffice kommt für uns Menschen mit Kindern meist auch Care-Arbeit, Homeschooling, die Zubereitung von gefühlt zehn Mahlzeiten am Tag und die Bewältigung des restlichen Haushalts dazu.

Immer wieder wird betont, dass wir noch am Anfang der Pandemie seien. Wir Eltern sehnen schon jetzt ein Ende der Krise herbei, immerhin sind die Spielplätze fast überall gesperrt, die Schulen und Kindergärten werden nur langsam und schrittweise wieder geöffnet und ohne soziale Kontakte wirkt die Zeit doppelt so lang. Die Mehrfachbelastung sieht man nicht nur an unseren immer schwächer werdenden Nerven, sondern sie spiegelt sich auch in unseren Partnerschaften wider.

Die aktuelle Lage ist für alle eine große Herausforderung und birgt in einigen Lebensbereichen weitgreifendere Veränderungen als wir bisher erwarteten. Während die Politiker bereits über ein mögliches Gesetz zum Recht auf Homeoffice nach der Pandemie debattieren, diskutieren wir in unseren eigenen vier Wänden darüber, wer denn als Nächstes die Wäsche aufhängt oder das Abendessen kocht. Die Sehnsucht nach geregelten Arbeitszeiten im Büro wächst immer stärker und selbst zehn Minuten in Ruhe Duschen würden sich anfühlen wie ein kompletter Spa-Besuch. Viel gemeinsame Zeit bietet etliche Gelegenheiten zum Nörgeln, Verbessern, Kritisieren und Streiten, aber eben auch, um zu merken, wie sehr der Partner für uns da ist und man zusammen das Familienleben regelt. Corona stellt unsere Beziehungen auf die Probe.

Die Global Times China berichtete, dass sich die Anzahl der Scheidungen in Wuhan seit Beginn der Quarantäne-Lockerungen verdoppelte. Zweieinhalb Monate durch strenge Ausgangssperren beinahe jede Stunde des Tages beieinander zu sein, hinterlässt Spuren und einige Paare gehen anschließend lieber getrennte Wege. Werden wir nach dem Lockdown in Deutschland auch so eine hohe Trennungsrate haben?

Vor Kurzem gab es auf einem Instagram-Account eine passende Abstimmung. Die Frage lautete, wie es den Paaren unter den Followern am Ende der Coronazeit wohl ergehen wird. Kommt eine Trennung oder ein Baby? In schweren Zeiten treffen wir schwerwiegende Entscheidungen, manche davon waren unvorhersehbar.

Während der Pandemie nehmen wir die eigene Beziehung ungewollt gründlich unter die Lupe. Kleine Eigenheiten des Partners, die im Familienalltag nicht auffallen, könnten uns nun zur Weißglut treiben. Das unbewusste, stetige Klicken des Kugelschreibers, leere, sich stapelnde Kaffeetassen neben dem Laptop auf dem Küchentisch, nervige, kleine und sonst glücklicherweise im Büro verborgene Details des Charakters, werfen ein neues Licht auf den Herzensmenschen. Einige Wochen lang lässt sich so was möglicherweise aushalten, aber zwei, drei Monate oder gar ein ganzes Leben lang? Nein, danke! Auch wenn wir hoffentlich nicht für immer samt Kind und Kegel im Homeoffice sind, reicht auch eine gewisse Zeit aus, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Bevor es dazu kommt, kann als erster Schritt eine offene Kommunikation helfen – Ansprechen, was lästig ist, damit es geändert werden kann. Doch wenn es nicht nur Kleinigkeiten sind, die stören, sondern grundlegende Ansichten oder ganze Verhaltensmuster, ist womöglich der Kontakt mit einem Paartherapeuten der richtige Weg. Bevor ihr große Entscheidungen trefft, vergesst bitte eins nicht: Wir leben in einer Ausnahmesituation und diese bringt viele Hürden, auch als Paar, mit sich. Doch in einigen Monaten, wenn der Spuk hoffentlich ein Ende hat, kehrt wieder Normalität ein. Unseren Arbeitsplatz verfrachten wir wieder raus aus der Wohnung und ab ins Büro, es wird mehr Raum und Zeit für wichtige Me-Time geben. Wir werden einander nicht länger überdrüssig sein, sondern vermissen den Partner. Unsere Kinder drehen nicht mehr am Rad, weil ihnen der Kontakt zu anderen Kindern so sehr fehlt, sondern nur noch, weil der gelbe anstatt der grüne Teller auf dem Tisch steht. Da weder diese Aussicht, noch jegliche anderen Hilfsmöglichkeiten einige Beziehungen zu retten vermag, wird es schlussendlich dennoch viele Trennungen geben. Ob Corona in diesen Fällen nur die Uhr vorgedreht hat oder ob das dauerhafte Beisammensein der Auslöser war, ist pauschal schwer einzuschätzen.

Vielleicht, ja hoffentlich, läuft es bei vielen von euch aber auch komplett andersherum und ihr kommt euch näher. Ein ungefragter, aber dringend benötigter Kaffee am Nachmittag, freiwilliges Windelwechseln nach einem verräterischen Duft aus Richtung des Nachwuchses, ein verrucht zu gehauchtes „Ich freu mich auf heut Abend, wenn die Kinder endlich schlafen“, kleine Gesten und Aufmerksamkeiten weit ab von teuren Geschenken und doch sind sie so viel mehr wert. Gemeinsam durch diese so schwere Zeit zu gehen, kann eine Bindung festigen und in neue Wege leiten. Wir haben nun die Zeit uns wieder so richtig kennenzulernen. Welche Rituale hat jedes Familienmitglied in seinem Tagesablauf? Was ist der aktuelle Lieblingssong? Die geteilten Momente des wundervollen Wahnsinns als Familie können Paare näher zusammenbringen. Die Liebe wird neu entfacht und blüht auf wie die Blumen auf den Wiesen, Frühlingsgefühle wo das Herz nur hin fühlt. „Wollen wir nicht doch noch ein Kind?“ Im Liebestaumel spricht nur wenig dagegen, immerhin ist Sex gesund und die Zeit für körperliche Nähe sollte man sich wenigstens ab und an auch nehmen können. Ruft lieber schon einmal eure Hebamme an, denn in neun Monaten wird es vielleicht durch einen Corona-Babyboom schwerer den je, eine zu bekommen.

Trennung oder Baby? Ihr habt nicht nur diese beiden Möglichkeiten und werdet den richtigen Weg finden. Jede Person darf streiten, lieben, genervt sein und leben, wie er oder sie will, denn solange ihr zufrieden seid, wenn ihr glücklich seid, dann müsst ihr rein gar nichts ändern. Genießt die gemeinsame Zeit mit all ihren Herausforderungen und sehnt zusammen das Ende der Pandemie herbei. Eins ist sicher: Wenn wir diese nervenaufreibenden Monate als Paar gemeistert haben, sollten wir beinah alles andere auch schaffen. Wie heißt es so schön: in guten wie in schweren Zeiten.