Die Libido ist mindestens genauso kompliziert wie das Dating-Life auf Tinder. Oft haben wir das Gefühl, sie nicht steuern zu können, und doch verhält sie sich fast immer gleich: Treffen wir jemand Neues, sorgen die Aufregung und das Kribbeln in uns auch dafür, dass wir sexuelle Lust für unser Gegenüber empfinden – vorausgesetzt, wir mögen denjenigen, natürlich. Unser Herz schlägt höher, wenn er endlich ein Netflix-and-Chill-Date vorschlägt. Wir rasieren uns, legen einen schönen Duft auf und informieren unsere Freundinnen darüber, wie sehr wir uns auf den Hauptakt freuen. Haben wir erstmal ein paar hundert Male mit unserem Partner geschlafen, lässt die Lust irgendwie nach und Netflix-and-Chill bedeutet dann tatsächlich einen Film gucken, Chips essen und ein bisschen kuscheln.
Kein Match im Bedarf nach Sex
Ist unsere Beziehung erstmal im Alltag angekommen, fallen uns ständig Dinge ein, mit denen wir uns vor dem Sex drücken können: 18 Uhr – ich muss erstmal ankommen. 18:30 Uhr – ich muss jetzt was zu essen machen. 19 Uhr – hab gerade zu viel gegessen, jetzt habe ich Bauchweh. 20 Uhr – ich bin zu müde. Bei manchen Frauen kommt es vor, dass der Sex eher ein weiterer Punkt auf der To-Do-Liste wird, anstatt etwas Entspannendes, was beiden Partnern guttut. Das kann eine Beziehung sehr belasten, vor allem wenn die Partner ein sehr unterschiedliches Bedürfnis nach Sex haben. Aber was tun, wenn man einfach keine Lust hat und woher kommt diese Libidoschwäche?
Der Großteil der weiblichen Sexualität findet im Kopf statt
Das haben die beiden Wissenschaftler Erick Janssen und John Bancroft mit ihrem Ansatz des sogenannten „Dualen Systems“ herausgefunden. Erst einmal vorab – das System gilt für alle Geschlechter, warum viele Frauen allerdings etwas befangener mit ihrer sexuellen Lust sind, darauf kommen wir gleich zurück.
Das Duale System stellt das Zusammenspiel zwischen Gehirn und Psyche dar, wenn es um sexuelles Empfinden geht. Die Theorie lautet, dass ein Teil unseres Gehirns dauerhaft unsere Umgebung nach sexuellen Reizen abscannt – also Gerüche, Bewegungen, Berührungen und so weiter. In der Fachsprache wird dieses System als „Sexual Excitation System“ bezeichnet. Es umfasst alles, was unser Gehirn als sexy abgespeichert hat. Zu diesem Sexual Excitation System gibt es ein Gegengewicht, nämlich das „Sexual Inhibition System“. Dieses System funktioniert eigentlich genauso wie sein Gegenstück, nur dass es anstatt nach sexuellen Reizen, nach möglichen Gefahren Ausschau hält. Erkennt unser Gehirn eine Gefahr in einer gewissen Situation, ist das Sexual Inhibition System dafür verantwortlich, dass wir in genau dieser Situation nicht geil werden – also keine sexuelle Lust verspüren. Das läuft natürlich alles im Unterbewusstsein, also im Hintergrund ab. Was hat dieser Ansatz jetzt mit der sexuellen Lust der Frauen zu tun?
Es ist so, dass man je nach Ausprägung dieser beiden Systeme entweder verstärkt auf die sexuellen Reize oder eben auf die Gefahren reagiert. Hier konnte festgestellt werden, dass das Sexual Excitation System bei Männern oft ausgeprägter ist. Frauen hingegen neigen dazu, mehr auf das Sexual Inhibition System zu hören. Das liegt nicht daran, dass Männer sexueller sind als Frauen, sondern vielmehr daran, dass Frauen ihren Kopf auch hinsichtlich ihrer sexuellen Triebe nicht so leicht ausstellen können wie die Männer. Natürlich gibt es immer Ausnahmen und Abweichungen der Norm!
Lustkiller Stress
Ein weiterer Endgegner, der uns die lang ersehnte Liebesnacht so richtig schön vermiesen kann, ist der Stress. Egal ob körperlich oder psychisch, sobald uns die Anspannung in jeglicher Form im Nacken sitzt, fällt es uns Frauen wahnsinnig schwer abzuschalten und uns der sexuellen Lust hinzugeben. Viel lieber würden wir ein Wellness-Wochenende alleine in den Bergen verbringen, um wieder runterzukommen. Warum ist das so? Stress sorgt dafür, dass der Adrenalinspiegel steigt, und das versetzt unseren Körper in den absoluten Überlebensmodus. Und wer denkt schon an Sex, wenn das Leben auf dem Spiel steht?
Blöd nur, dass wenn unser männlicher Partner richtig gestresst ist, Sex genau das ist, was er braucht, um diesen abzubauen.
Je weniger Testosteron, desto weniger Lust
Die Sache mit dem Bedürfnis nach Intimität hat aber nicht nur was mit unserem Unterbewusstsein oder unserer Psyche zu tun. Tatsächlich können auch körperliche Faktoren unsere Lust hemmen. Die Hauptangeklagten sind dabei oft hormonelle Verhütungsmittel. „Kein Bock, meinetwegen, oder nimm mich jetzt und hier!“ – Dass unsere Hormone uns des Öfteren einen Streich spielen und mal mehr, mal weniger auf unser Gemüt schlagen, ist allgemein bekannt. Die Hormone, die wir mit Pille, Hormonspirale, Ring und Co. in unseren Körper einführen, unterdrücken unsere Eierstockaktivität, dadurch werden Schwangerschaften verhindert.
Wenn unsere Eierstöcke hingegen uneingeschränkt arbeiten, produzieren sie tatsächlich Testosteron, das in unsere Blutbahn gerät. Und wer hätte es gedacht – genau dieses Testosteron ist auch dafür verantwortlich, dass wir sexuelle Lust verspüren. Heißt also, die Unterdrückung unserer Eierstockaktivität sorgt dafür, dass weniger freies Testosteron in unserem Blut zirkuliert und wir somit weniger Lust haben. Auch diese Analyse ist recht individuell. Oft kann allein ein Wechsel der Pille schon helfen. Bei anderen ist es empfehlenswert eine hormonfreie Verhütung auszuprobieren.
Hausmittelchen gegen Lustlosigkeit
Wenn dich deine Libidoschwäche wirklich belastet oder deine Beziehung bereits seit einiger Zeit unter fehlender Intimität leidet, kannst du dir zudem mit diesen Tricks selbst helfen. Erstens Sport – es hilft immer, sich zu bewegen. Hier kannst du Stress abbauen, dein Selbstwertgefühl pushen und gleichzeitig ein gutes Körpergefühl gewinnen. All diese Faktoren spielen auch in deinem Sexleben eine wichtige Rolle.
Als nächsten Schritt kannst du dir überlegen, ob du das eine oder andere Sex Toy in deinen „Bettsport“ integrierst. Es gibt viele bunte Spielzeuge, die besonders die Frau erregen. Falls du beispielsweise Probleme hast, beim vaginalen Sex zum Orgasmus zu gelangen, könntest du deinem Partner den Satisfyer oder einen kleinen Vibrator zur Hand geben, der deine Klitoris während des Geschlechtsverkehrs massiert. Sexspielzeuge sorgen außerdem oft dafür, dass sich die Anspannung zwischen Partnern löst. Zu guter Letzt – schau doch einfach mal einen Porno. Ja genau, denn die kleinen schmutzigen Filmchen dienen dazu, dich so richtig in Stimmung zu bringen. Wenn du also Probleme damit hast, kannst du dir alleine, oder sogar gemeinsam mit deinem Partner, selbst helfen, indem du dir zum Einstieg einen Porno ansiehst (aber Achtung: Pornos sollten nicht übermäßig konsumiert werden).
Bestimmt wird der eine oder andere Tipp dir und deinem Partner dabei helfen, dass ihr euch schon bald wieder die Klamotten vom Leib reißt, und dann heißt es: Einfach mal genießen!