geschrieben von Michelle Reshöft

Etwas Neues zu wagen, ist meist gar nicht so einfach. Doch die Corona-Pandemie hat von vielen Menschen verlangt, aus ihrer bisherigen Lebensbahn auszuscheren. Warum? Weil ihr Job plötzlich nicht mehr gefragt war oder weil Zukunftsträume und -pläne wie Seifenblasen platzten. 

Doch was ist, wenn die Angst so groß ist, dass man sich nicht traut, einen Neuanfang zu wagen? Was, wenn einen in der Krise der Mut verlässt, oder sich nicht dieses oder jenes erfüllt, um noch einmal ganz von vorn zu beginnen?

Herzensprojekt auf Eis

Mit lebensverändernden Veränderungen kenne ich mich aus. Denn ich musste mich letztes Jahr im November dazu entscheiden, ein echtes Herzensprojekt auf Eis zu legen, als die Pandemie gastronomische Events auf lange Sicht unmöglich machte. Aber ich konnte diese – durchaus schwere – Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt aktiv treffen und selbstbestimmt einen neuen Weg einschlagen.

Was ich dir an erster Stelle mitgeben möchte: Vergiss die Angst vorm Scheitern – es kann dich so weit bringen.

Das schreibt sich jetzt vielleicht so leicht hin, interessant ist aber vielmehr, wie schwierig und aufreibend es ist und wie viel Mut es erfordert. Seine eigene Komfortzone zu verlassen, ist gar nicht so einfach. Mit den folgenden Zeilen möchte ich euch ermutigen, euer Leben zu verändern. 

Sich noch mal verlieben? Den Job hinschmeißen? Nichts erscheint so spannend wie ein Neuanfang. Und nichts macht so viel Angst. Warum es sich trotzdem immer wieder lohnt:

Vor gut mehr als einem Jahr saß ich mit verquollenen Augen und rotem Gesicht vom stundenlangen Weinen im Pyjama auf meinem Bett und rief auf Rat meines Steuerberaters die Agentur für Arbeit an. Der nächste Lockdown hatte begonnen, alle neu geplanten Events und Kooperationen wurden auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Ich sollte mich arbeitslos melden, da ich keinen Anspruch auf eine der Soforthilfen hatte, aufgrund des Alters meines Unternehmens. – Ich kann euch nicht sagen, wie sehr ich mich geschämt habe, mich arbeitslos melden zu müssen. 

Nach dem Durcharbeiten meterlanger Bürokratieformulare wurde mir mitgeteilt, dass ich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe, da mein Freund uns beide versorgen könne. Die Empfehlung seitens der Agentur für Arbeit war, mich von meinem Freund zu trennen und aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen. Nur dann hätte ich einen Anspruch auf Leistung.

Das ist deine Chance!

Wir reden gerne darüber, wie furchtbar alles ist, viel lieber als über Ziele und Lösungen. Wir schwelgen in negativen Gefühlen, definieren uns als Opfer der Umstände und sagen uns selbst immer wieder auf diese Art und Weise: Ich bin unschuldig! Ich kann nichts für dieses Problem und dass ich es nicht lösen kann. Und manchmal stimmt das tatsächlich auch! Das kann man nicht alles über einen Kamm scheren.

Ich hätte genau in diesem Moment in dieses Loch fallen können. Ich war selbst überrascht in diesem Moment, denn ich sagte zu mir, „Michelle, das hier ist deine Chance! Eine Chance, noch einmal komplett neu anzufangen und der Mensch zu werden, der du sein möchtest.“ 

Die vielen und harten Jahre mit Verantwortung in der Gastronomie- und Eventbranche waren doch eine gute Schule: Plötzlich veränderte Rahmenbedingungen, Zeitdruck und viel Improvisation gehörten hier zum Alltag. Mich kann doch so leicht nichts mehr aus der Bahn werfen.

Aber wo fängt man da an? In welche Richtung soll es gehen? Was will ich denn überhaupt? Soll ich vielleicht noch das eine oder andere Ratgeberbuch lesen?

Für langes Überlegen gab es keine Zeit, Rechnungen mussten gezahlt, das alte Unternehmen geschrumpft werden – das kostet auch Geld (besonders, wenn dich der Vermieter deiner Gewerbefläche nochmal versucht, auszunehmen).

Eines wusste ich – ich wollte mein geballtes Wissen, meine Erfahrungen, Fähigkeiten und Kompetenzen nutzen, um Menschen, die in eine Situation wie meine geraten waren, zu helfen.

Motivation und Möglichkeit

Ich war schon immer fasziniert von den Möglichkeiten der Digitalisierung. Aber ich habe auch gesehen, wie leicht diese Vielfalt überfordern kann, wenn Kernkompetenzen schlicht woanders liegen. Vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen wollte ich zeigen, wie sie von der Digitalisierung profitieren können. Und zwar so, dass es sich leicht anfühlt. Und dazu gehört auch, Veränderungsprozesse und Krisen als Innovationstreiber zu nutzen. Ich wusste, dass andere genau dasselbe schaffen konnten wie ich. Mit der richtigen Aufstellung kann jeder aus schwierigen Situationen wieder auf die „Erfolgsspur“ kommen und stärker werden als zuvor.

Diese Motivation, anderen zu helfen, hat mich so weit getrieben, dass ich heute mit unglaublich herzlichen und talentierten Menschen zusammenarbeiten darf. Die Nachfrage war nach kurzer Zeit so groß, dass ich zwischendurch keine Neukunden mehr aufnehmen konnte, geschweige denn, mich um meinen eigenen Auftritt zu kümmern.

Durch Veränderungen tun sich immer neue Möglichkeiten auf. Selbst ein neuer Weg zur Arbeit kann unter Umständen zu neuen Möglichkeiten in deinem Leben führen. Durch eine Weiterbildung zur Krisenberaterin habe ich die Möglichkeit bekommen, mit Leistungsträgern und Behörden als Beraterin und Dozentin (zum Beispiel die Agentur für Arbeit, was für eine Ironie…) zusammenzuarbeiten und tatsächlich etwas am System zum Besseren zu verändern.

Je älter wir werden, desto mehr überwiegt die Angst. Kinder, die laufen lernen, stehen immer wieder auf. Bei ihnen ist die Lust an der Neuentdeckung viel größer als die Angst, sich zu verletzen oder sich lächerlich zu machen. Warte nicht in deiner gemütlichen Komfortzone und lass alles, wie es ist. 

Meine Tipps

Es muss nicht erst, wie bei mir, zur „Katastrophe“ kommen, damit man anfängt zu handeln. Stattdessen: Gehe kleine Schritte – jeden Tag. Und womöglich ist das, was dann kommt, größer als alles, was du je erlebt hast.

Wenn du bereit bist, etwas zu verändern, ob Kleines oder Großes, fange damit an: 

  1. Neues auszuprobieren. Wenn du immer wieder dasselbe tust, bekommst du immer dieselben Ergebnisse. Wenn du einen Neuanfang willst, raus mit dir aus deiner Komfortzone.
  2. Umgebe dich mit Menschen, die dir nahestehen und hinter dir stehen, wenn du von deinem Neustart erzählst. Sie geben dir Kraft, Mut und Halt.
  3. Identifiziere deine Zweifel und Ängste, widme dich ihnen und akzeptiere sie. Es wird immer Hürden geben. Aber mache dir klar, dass du sie überwinden wirst.
  4. Wachse über dich hinaus.
  5. Räume auf – werde alles los, was dir räumlich und mental im Weg steht und dich buchstäblich bremst.
  6. Es wartet eine lange Reise auf dich, dafür musst du fit sein. Achte auf dich! Bewegung, Entspannung und eine ausgewogene Ernährung sind ein wichtiges Fundament.
  7. Noch einmal aufräumen – lass Altes los. Aber jetzt in deinem Geist. Deine Vergangenheit ist voll mit Gründen, warum du nicht neu starten solltest. 
  8. Erfinde und erlebe dich neu. Wer willst du sein? Wie willst du aussehen? Wie soll dein Umfeld sein? Wo willst du leben? Stell dir genau vor, wie dein Leben aussehen soll.
  9. Baby steps – um deine Ziele zu erreichen und auf Kurs zu bleiben, musst du Tag für Tag konsequent und mit kleinen Schritten daran arbeiten.