liebe auf bali

 

 

“N I N A 4 – E V E R <3“

Ein neuer Tag am Strand. In deutlich dezimierter Besetzung. Nach dem doch etwas unangenehmen Frühstückstisch-Intermezzo blieben nur wir vier Männer übrig, die sich (mal wieder) für den Strand, das Brett und Faulenzen entschieden. Auf 2 Rollern fuhren Briley, Leon, Peter, der sich mal wieder in letzter Sekunde aufs Heck des einen Rollers geschwungen hatte, und ich zum Balangan Beach. Ausnahmsweise gefiel mir das Faulenzen heute mal am besten. Denn ich hatte genug Stoff zum Träumen getankt. So ließ ich den gestrigen Abend Revue passieren, so gut es mein leichter Kopfschmerz zuließ. Heute wurde es ruhig angegangen und so passte ich beim Mittagessen und dem obligatorischen Bintang und nickte stattdessen zwei Stunden am Strand weg. Muss eine kurze Nacht gewesen sein.

Als ich aufwachte, waren die Jungs schon längst wieder auf dem Brett – mit Bier und jeder Menge gebratenem Reis im Magen. Nur Peter saß neben mir mit einem Buch auf einem der versifften Bean-Bags, die nur allzu gerne von Balis Straßenhunden zum Abstecken ihres Reviers missbraucht wurden. So zog der Tag dahin. Ich fühlte mich wie vom LKW überfahren. Der LKW hieß Sonne, denn ich Depp hatte natürlich in der Mittagshitze gepennt. Wo ich doch anfänglich noch unterm Schirm im Schatten lag, mussten mit der Zeit meine Extremitäten hervorgelugt haben, sodass meine Haut auf Knöcheln und Stirn doch etwas spannte. Egal. Diesen Tag wird mir niemand mehr verübeln. Nachdem Briley und Leon aus dem Wasser gekommen waren und ein paar Minuten zum Trocknen in der Sonne gefläzt hatten, packten wir unsere Sachen zusammen. Es war mittlerweile fünf Uhr und wir gingen zu unseren Rollern, um uns im Hostel zu recyclen und uns etwas für den Abend zu überlegen.  Angekommen bei den Rollern fragten wir uns mal wieder, wie oft wir diesen Fehler noch machen wollen: Das schwarze Kunstleder frittiert dir regelrecht die Kronjuwelen, wenn du es bei der Hitze nicht mit einem Tuch oder Handtuch abdeckst. Immer wieder herrlich.

Im Hostel dann der Schock: Die Mutter meiner ungeborenen Kinder hat mir vor 10 Minuten geschrieben, dass ich noch etwa 20 Minuten Zeit hätte, um mit ihr den Sonnenuntergang in der Rock Bar zu zelebrieren. Ich hatte viel davon gehört, doch war immer zu geizig in diese Bar zu fahren. Doch für Nina? – keine Frage! Ich warf mich fix in Schale, entschuldigte mich bei den anderen, dass sie heute Abend nicht mehr mit mir rechnen brauchten, schmiss ausnahmsweise mal das Navi an, um den schnellsten Weg zu finden, sprang auf meinen Roller und los ging’s!

Der direkte Weg sollte jedoch nicht der Beste sein und so fuhr ich im Schritttempo und im Zick-Zack quer über die Bukit, wie die Halbinsel im Süden Balis genannt wird. Während ich ab und zu durch die Häuser und Palmen die Sonne schon fast den Horizont berühren sah, konnte ich nur hoffen, dass Nina noch da war, wenn ich ankomme. Den Überraschungsmoment wollte ich mir schließlich nicht nehmen lassen. Ich hatte ihr auf ihre Nachricht noch nicht geantwortet. Als ich endlich wieder auf eine befestigte Straße kam, war ich auch schon so gut wie da. Sagte zumindest mein Navi. Doch „Da“ war eine riesige, pompöse Vorfahrt mit angrenzendem Parkplatz einer noch größeren, dekadenten Hotelanlage. Das war mir nicht klar. Immerhin sah ich nicht komplett verlottert aus und ließ das Tanktop im Hostel. Ich fragte mir den Weg durch zur Bar. Quer über die Hotelanlage bis vorne an die Klippe, die tausend Stufen abwärts bis zum Empfang der Rock Bar und nun? Die Bar bestand aus einem 3 Meter breiten Streifen, der sich gefühlt einen Kilometer wie ein Balkon an der Klippe entlang schmiegte. Manchmal teilte sich der Weg und fand sich erst 50 Meter später wieder zusammen. Auf einmal sitzen Leute über mir, dann unter mir, während ich versuche den Gesamtüberblick zu behalten und den blonden Lockenkopf nicht zu übersehen. Fast am Ende angekommen trafen sich unerwartet unsere Blicke. In der letzten Kurve sprang auf einmal eine große blonde Frau auf mit besagten Locken und sprintete mir entgegen. Da war sie!

Zu spät für den Sonnenuntergang, aber immer noch pünktlich für die letzten Minuten der sogenannten „Blauen Stunde,“ wenn die verbleibenden Sonnenstrahlen die Welt in einen blauen Filter hüllen. Auch wenn meiner eher rosa war. Wir umarmten uns und gingen zu ihrem Platz. Ganz vorne an der Klippe mit einem wunderschönen Blick auf den Horizont. Wir quatschten, tranken viel zu teure Drinks und lernten uns kennen. Ohne laute Musik, ohne Alkohol, ohne doppelten Boden. Im Nachhinein wird es heißen, dass ich keine Fragen gestellt habe, nur geantwortet habe, sie nicht geküsst habe und schon etwas merkwürdig war. Aber hey, was soll’s.

Wir müssen zwischendurch nochmal umziehen. Der hintere Teil der Bar wird kurz nach Sonnenuntergang geschlossen. Wir bestellen uns ein paar Kleinigkeiten. Zum Preis von Großigkeiten (Ich bin kein Kostverächter, aber da ist es wirklich teuer für einen Backpacker, der mit seinem Budget erst 5 Tage von 6 Wochen geschafft hat und Angst hat, dass am Ende nichts mehr übrig ist für den Heimweg). Wir hielten Händchen, das Sushi schmeckte nicht, was wir sonst noch hatten weiß ich nicht mehr. Trotzdem jeden Cent wert. Davon abgesehen, dass Nina zwei Drittel der Rechnung zahlen musste, da ich auf Bali nie so viel Bargeld auf einmal brauchte. Aber sie ist schließlich Journalistin, erfolgreich, selbstständig und ab und an im Fernsehen zu bestaunen. So viel wusste ich mittlerweile. Wir ließen den Abend ausklingen. Nina war mit dem Taxi zur Bar gefahren, damit sie etwas trinken konnte und ich hatte alkoholfrei bestellt. So lag es nun an mir, wie der Prinz auf seinem Schimmel meine Prinzessin zu ihrem Apartment zu fahren, wo sie ihren Koffer holen und Richtung Flughafen aufbrechen würde. Als unverantwortlicher Prince Charming überließ ich Nina den einzigen Helm, den ich dabei hatte und wir düsten los. Zum Glück fielen wir keiner Polizeikontrolle zum Opfer. Denn es gibt nur drei gute Gründe, dich als Touri auf Bali auf dem Roller dranzukriegen:

  1. Keinen internationalen Führerschein dabei
  2. Fahren ohne Helm
  3. Mit mehr als zwei Personen auf dem Roller

So kamen wir nach etwa 20 Minuten an ihrer Unterkunft an. Wir tauschten noch ein paar Sätze aus, die Vermieterin wollte jedoch gerne die Schlüsselübergabe machen und Ninas Taxi würde jeden Moment da sein. Jetzt oder nie. Oder eher: Jetzt oder nie mehr! Das war mir klar. Also fragte ich Nina zunächst ob Sie mir ihre Handynummer geben würde: „… Diesem Tinder könnte man schließlich nicht vertrauen.“ Sie schmunzelte und zögerte keinen Augenblick. Dann küssten wir uns ausgiebig. Das letzte Mal für mindestens 5 Wochen. Vielleicht das letzte Mal für immer. Wer konnte denn schon sagen, ob wir die Schmetterlinge in unseren Bäuchen über diese Zeit hinweg am Leben halten könnten? Wir verabschiedeten uns. Ich setzte meinen Helm auf, startete den Roller und weg war ich. Und Nina wenig später im Flieger.

Nur kurz darauf schrieb Nina mir vom Flughafen in Guangzhou. Eine absolute Horrorerfahrung für sie. Vierzehn Stunden Aufenthalt. Ohne Yuan, sprich Bargeld. Keine EC- oder Kreditkarte funktionierte. Also ohne Essen, Trinken und co. Augen auf bei der Flugverbindung! Doch sie schaffte es wie gesagt immerhin mir zu schreiben. Ich gab schließlich mein bestes sie aufzuheitern und das schaffte ich mit links. Was Nina nämlich nicht wusste: Ich hatte spontan an meinem letzten Tag auf Bali meinem Tätowierer des Vertrauens (sofern man das bei balinesischen Verhältnissen überhaupt sagen kann) einen Besuch abgestattet und lag just in diesem Moment noch auf der Pritsche. Als Beweis schickte ich ihr folgendes Foto mit den Worten: „Nina“ war doch dein richtiger Name oder?

höry