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Ich lag in unserem Garten. Unter mir und Bruno eine Decke, wir in Bikini und Windel. Ein schöner Sommertag, bis ich eine Zecke in meiner Armbeuge entdeckte. Sie hatte schon zugestochen, war aber noch nicht vollgesogen – meine dritte Zecke in diesem Jahr. Wenn wir alle Zecken unserer vierköpfigen Familie zusammenzählen würden, wäre es bestimmt schon die Zehnte. Nicht nur ekelig, sondern auch echt gefährlich. Denn im Gegensatz zu den meisten Spinnen bei uns in Europa, ist die Zecke wirklich nicht ohne. Aber dafür muss ich ein wenig ausholen…
Ihr habt richtig gelesen: Zecken gehören zu den Spinnen und sind daher gar keine Insekten. Sie leben zwei bis drei Jahre und sind übrigens wahre Überlebenskünstler – kühlere Temperaturen oder lange Hungerphasen halten sie ohne Probleme aus und der Klimawandel kommt ihnen gerade recht, tendenziell werden sie eher mehr als weniger. Als grobe Richtlinie kann man sich merken, dass man ab 7 Grad Celsius die Augen offenhalten sollte, denn ab dann sitzen Zecken gerne auf Grashalmen, in Büschen und Unterholz, in Wäldern, Stadtparks und Gärten, wo sie im Vorübergehen an Grashalmen oder Büschen abgestreift werden können. Der Gemeine Holzbock – die in Deutschland am häufigsten vorkommende Zeckenart – hat keine Augen, sondern nutzt für die Orientierung das Haller’sche Organ und seine vielen Tasthaare an den Beinen. Um eine Zecke zu erwischen, muss man sie beim Vorbeigehen wirklich abstreifen, denn der Mythos, dass sie von Bäumen fallen, ist falsch! Gerade deswegen sind lange Gräser oder Büsche (bis 60 cm) am gefährlichsten.
Aber wieso eigentlich gefährlich? Das ist (leider) ganz einfach: Zecken können sehr gefährliche Krankheitserreger übertragen wie FSME-(Frühsommer-Meningoenzephalitis-)Viren oder Borrelien. Welche Krankheitserreger gefährlicher sind, kann man kaum sagen. Klar ist, dass Borreliose häufiger vorkommt, dafür aber (so lange sie früh erkannt wird) gut antibiotisch behandelbar ist, FSME dagegen seltener vorkommt, dafür aber nicht mit Medikamenten heilbar ist. Was mir lieber ist? Ganz klar: keins von beiden. Deswegen suche ich meine Kinder jeden Tag, nach dem wir draußen waren, nach Zecken ab. Zur Zeckenvorsorge zählt nämlich genau das und am wichtigsten sind dabei warme, gemütliche Stellen am Körper, in denen die Zecke gut Blutsaugen kann. Bei Kindern sollte (bedingt durch die Größe des Kindes) auch unbedingt der Kopf/Nacken abgesucht werden und sonst zählen zu den beliebten Stellen die Füße/Beine, der Bauch, Genitalbereich und die Achseln.
Doch mir – und bestimmt auch euch – ist Vorsorge lieber als Nachsorge und deswegen habe ich vor einigen Wochen an einem digitalen Event zur Zeckenvorsorge teilgenommen. Dort habe ich nicht nur Tipps zur Zeckenentfernung bekommen, sondern auch zur Vorsorge, die ich heute gerne mit euch teilen möchte.
Sobald man das Großstadtgetümmel verlässt und die Natur um sich hat, sollte man darauf achten, dass man sich geschützt kleidet. Doch ihr Stadtmenschen dürft jetzt nicht abschalten, denn auch euch betrifft das Thema Zeckenvorsorge! Auch in Gärten und Stadtparks, oder auf Sportplätzen und in Biergärten sind die kleinen Spinnentiere unterwegs. Nun fragt ihr euch aber bestimmt, was Zeckenvorsorge bedeutet? Am besten lange Hosen tragen, die man in Socken steckt (sieht doof aus, hilft aber). Außerdem können Anti-Insekten-Sprays helfen, die auch Zecken abhalten sollen. Hier gibt es viele verschiedene Mittel (chemische, natürliche oder sogar Hausmittel wie Kokosöl, auch wenn die Wirkung nicht wissenschaftlich belegt ist). Doch wichtig: Ihr könnt euch darauf nicht verlassen und solltet trotzdem immer, wenn ihr draußen in der Natur wart, kontrollieren, ob ihr eine Zecke erwischt habt. Manchmal dauert es Stunden, bis sie zugestochen haben, da Zecken gemütlich über eure Haut krabbeln, um einen schönen Platz zum Stechen zu finden.
Wer sich vor einer FSME-Erkrankung schützen will, sollte sich impfen lassen. Denn beim Stich einer infektiösen Zecke werden die FSME-Viren sofort übertragen, da sie sich im Speichel der Zecke befinden. Ein schnelles Entfernen der Zecke hilft daher nicht. Durch Impfen aber kann man einer FSME-Erkrankung vorbeugen.
FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) ist eine Erkrankung der Hirnhaut und des zentralen Nervensystems. Nach zunächst grippeähnlichen Symptomen kommt es bei rund zehn Prozent der Betroffenen zu einer zweiten Erkrankungsphase, wobei meist eine Hirnhautentzündung im Vordergrund steht. Vermehrt sich das Virus in Gehirn und Rückenmark, kann es zu schweren Verläufen mit bleibenden neurologischen Ausfällen kommen. Folgen können dauerhafte Lähmungen, Schluck- und Sprechstörungen sein.
.. FSME ist nicht mit Medikamenten heilbar. FSME kann schwere Folgen haben und sogar lebensgefährlich sein. Bei Kindern können die Symptome milder ausfallen, sodass eine FSME bei ihnen häufig unbemerkt bleibt.
In Deutschland gibt es sogenannte FSME-Risikogebiete, in denen ein höheres Risiko besteht, durch einen Zeckenstich mit dem FSME-Virus angesteckt zu werden. Um zu einem Risikogebiet gezählt zu werden, muss es in diesem Gebiet einen Erkrankten pro 100.000 Einwohner in den letzten fünf Jahren gegeben haben. In ganz Deutschland gab es im Jahr 2019 444 FSME-Fälle (Quelle: Robert Koch-Institut: FSME: Risikogebiete in Deutschland, Stand: Februar 2020 Bewertung des örtlichen Erkrankungsrisikos. Epid. Bull; 8, 1-19). Insgesamt gelten in Deutschland 164 Stadt- und Landkreise als FSME-Risikogebiete. Ich füge euch hier eine Risikogebiets-Karte zum Herunterladen ein. Zu den FSME-Risikogebieten zählen große Teile Bayerns, Baden-Württembergs sowie Teile Südhessens, Sachsens und Thüringens. Seit Februar 2020 gibt es drei neue FSME-Risikogebiete: Darunter zwei Kreise in Sachsen (Stadtkreis Dresden, Landkreis Meißen) sowie einen Kreis in Thüringen (Landkreis Schmalkalden-Meiningen). Seit Februar 2019 gibt es mit dem Landkreis Emsland in Niedersachsen das erste Risikogebiet in Norddeutschland. Einzelne FSME-Risikogebiete befinden sich zudem in Mittelhessen, im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Erschreckend… denn ich war zuerst beruhigt, dass wir hier in Hamburg kein Risikogebiet sind, doch habe ich diese Risikogebiete immer im Kopf, wenn ich in ein anderes Bundesland fahre? Zudem gibt es auch außerhalb der FSME-Risikogebiete infektiöse Zecken, die das FSME-Virus übertragen können. Daher sollte Zeckenvorsorge für jeden selbstverständlich sein, der gerne im Grünen ist – egal wo.
Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut, kurz STIKO, empfiehlt die FSME-Impfung für Menschen, die in FSME- Risikogebieten wohnen oder dorthin reisen und vor Ort mit Zecken in Berührung kommen können. Die Kosten für die FSME-Impfung werden in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
… Und brauche ich die Impfung jetzt, wenn ich in einem Risikogebiet wohne? Und brauche ich die Impfung, wenn ich nicht in einem Risikogebiet wohne?
Diese Frage muss wohl jeder für sich abwägen. Sobald man in einem FSME-Risikogebiet wohnt, sich oft draußen aufhält und dort mit Zecken in Berührung kommen kann, sollte dies wirklich eine Überlegung wert sein – zumal 98% der 2019 gemeldeten FSME-Fälle nicht geimpft waren (Quelle: Robert Koch-Institut: FSME: Risikogebiete in Deutschland, Stand: Februar 2020 Bewertung des örtlichen Erkrankungsrisikos. Epid. Bull; 8, 1-19). Wer nicht in einem Risikogebiet wohnt, aber gerne durch Deutschland oder nach Österreich, die Schweiz, aber auch Polen reist, sollte über eine FSME-Impfung wirklich nachdenken. Kinder können ab einem Jahr gegen FSME geimpft werden. Für einen vollständigen Impfschutz sind drei Impfungen in einem bestimmten zeitlichen Abstand zueinander nötig. Der Impfschutz hält dann mindestens drei Jahre. Wer spontan einen Ausflug oder Urlaub plant, kann die Schnellimmunisierung nutzen. Innerhalb weniger Wochen kann so ein Impfschutz für die aktuelle Zeckensaison aufgebaut werden. Je nach Alter und Impfstoff sollte der Impfschutz alle 3 bis 5 Jahre aufgefrischt werden. Wenn man also einen Impfschutz gewährleisten möchte, muss regelmäßig geimpft werden.
An Borreliose (verursacht durch Borreliose-Bakterien, der andere häufig von Zecken übertragene Krankheitserreger) erkranken mehr Menschen als an FSME. In Deutschland treten innerhalb von 5 Jahren je nach Region bis zu 500 Borreliose-Fälle pro 100.000 Einwohner auf (Quelle Robert Koch-Institut). Ich finde: eine wahnsinnige Zahl! Und um euch ein wenig zu beruhigen, direkt die gute Nachricht zuerst: Borreliose kann, sobald sie früh erkannt wird, mit Antibiotika behandelt werden. Achtet nach einem Zeckenstich am besten auf die typische Wanderröte, die auftreten kann. Sobald Rötungen oder Schwellungen an der Einstichstelle auftreten, solltet ihr sofort zum Arzt. Die Einstichstelle anschließend über Wochen beobachten. Denn es kann ca. 28 Tage dauern, bis eine Wanderröte zu sehen ist. Im Spätstadium einer Borreliose-Erkrankung können sich folgende Symptome bemerkbar machen: Gelenkentzündungen, Herzprobleme, Nervenwurzel- oder eine Hirnhautentzündung. Daher am besten nach einem Zeckenstich den Tag im Kalender notieren, damit der Arzt anschließende Symptome einordnen kann. Gegen die Borreliose gibt es für den Menschen bislang keine Impfung.
Die richtige Zeckenentfernung geht übrigens mit einer Pinzette, Zeckenzange oder einer Zeckenkarte. Bitte beim Entfernen die Zecke nicht drehen und auf keinen Fall mit Alkohol, Haarspray oder anderen Mitteln arbeiten. Dieses Wissen ist veraltet und kontraproduktiv! Bei der Zeckenentfernung ist es wichtig, die Zecke nicht zu ärgern, sondern so schnell wie möglich zu entfernen. Sobald die Zecke sich gestört fühlt, absondert sie nämlich extra viel Speichel oder Darmsekret in euren Körper und das führt dazu, dass Krankheitserreger schneller übertragen werden können. Nach der Entfernung die Einstichstelle desinfizieren und über Wochen beobachten! Ihr habt ja gerade gelernt wieso… Falls du gestochen wurdest und dir unsicher bist, umgehend einen Arzt aufsuchen. Dies gilt insbesondere, falls sich bei dir eine Wanderröte (roter Ring um den Zeckenstich) oder grippeähnliche Symptome wie Fieber oder Gliederschmerzen zeigen.
Und wohin mit der Zecke? Die am besten unter einem festen Gegenstand zerdrücken und nicht wieder in die Natur setzen. Es wird immer noch erforscht, was der Nutzen von Zecken überhaupt ist, klar ist aber: wir haben mehr als genug. Hoffentlich ab heute weniger an euren Körpern! Ich würde mich freuen, wenn ich ein bisschen Wissen an euch weitergeben konnte.
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