Hochzeit

 

 

Ich stand dort neben ihm und vor der Standesbeamtin. Trug mein weißes Kleid und die braunen Stiefel. Alma saß auf meinem Stuhl und aß ihre Kekse, dabei schaute sie uns erwartungsvoll an. Ich hatte ein DinA4 Blatt in der Hand, auf dem mein Eheversprechen stand. Etwas über eine Seite aus meinem Herzen, die ich heute, am Tag unserer Hochzeit, nur meinem Mann, der Standesbeamtin und meiner Tochter vorlesen wollte. Denn vor gut einem Jahr heirateten wir alleine in Fügen. Unsere Winterhochzeit zu zweit. Ein romantischer Tag war das, voller Emotionen und Herzensmomenten, die uns für immer begleiten werden. Heute möchte ich rückblickend betrachtet erzählen, wie es sich für uns anfühlt. Anfühlt, verheiratet zu sein. Anfühlt dass wir damals diese Entscheidung alleine zu heiraten, getroffen haben. Anfühlt Mann und Frau zu sein.

„Es wird sich alles verändern. Verheiratet sein fühlt sich einfach anders an. Ihr werdet schon sehen…“ Wir alle kennen wohl die ganzen Mythen rund um die Ehe. Entweder, so heißt es, wird alles ganz furchtbar oder alles ganz toll. Aha. Danke. Jetzt bin ich schlauer. Doch was wäre denn mit: es bleibt alles gleich. Bei uns gleich gut. Bei Paaren, die sich nicht verstehen, wahrscheinlich gleich schlecht. Doch ein Eheversprechen, ein Ring, ein „Ja“ sollte im besten Fall nicht so viel verändern, denn die Beziehung, der Mensch, der Grund, weswegen man heiraten sollte, bleibt ja der gleiche. Daher muss ich nun – nach dem ersten Jahr Ehe – sagen, dass sich bei uns nicht viel verändert hat. Wir führen genau die gleiche Beziehung wie zuvor, außer, dass das mit dem Namen ein wenig komplizierter ist, da wir unterschiedliche Nachnamen haben und einen gemeinsamen. Und das mit der Steuer hat sich verändert, aber da blicke ich auch heute noch nicht durch – und ich glaube, dass sich das nie wirklich ändern wird. Doch vom Gefühl ist alles ziemlich identisch geblieben. Wir mögen uns die meiste Zeit sehr gerne, manchmal vergessen wir uns als Paar aber auch, denn der Alltag ist ziemlich häufig sehr einnehmend. Bis jetzt bemerken wir solche Situationen aber immer sehr schnell und handeln dann. In solchen Momenten lassen wir abends die Serie ausfallen,setzen uns mal wieder richtig zusammen und reden über Gott und die Welt. Wir rufen die Babysitterin oder die Schwiegermutter an und versuchen, uns einen Abend – oder letztens sogar eine Nacht – alleine zu organisieren. Und dann bleiben da noch unsere kleinen Rituale, die uns daran erinnern, dass wir uns haben. Ob es die abendliche Frage nach dem schönsten Erlebnis des Tages war oder das Wertschätzen des Abendessens, das der andere für einen gekocht hat. Alles Dinge, die vor und seit der Ehe gleichgeblieben sind.

Sicher waren wir uns schon vor dem Jawort. Daran hat der 17.12.2018 nichts verändert. Nur eins ist anders: wir tragen voller Stolz unsere Eheringe, die jeden Tag bei uns sind. Die Ringe, die wir uns gegenseitig angesteckt haben, als wir ganz alleine mit unserer Tochter Alma in Fügen im Standesamt standen. Für viele – besonders für unserer Familien – war und ist diese Entscheidung nicht so wirklich gut nachzuvollziehen. Für uns fühlt sie sich aber auch heute noch richtig an. Denn wir wollten kein großes Tamtam, wollten uns keine Gedanken über andere machen an diesem einen Tag. Wir wollten Zeit zu zweit haben, wollten uns wahrnehmen und dieses eh schon aufregende Erlebnis richtig genießen. Ein Urlaub erschien und daher als bester Ort für eine heimliche Hochzeit, die so auch ganz viel Schnee und durch die Berge atmosphärische Romantik mitbrachte. Bereut haben wir unsere Entscheidung nicht. Auf keinen Fall. Denn es fühlte und fühlt sich richtig an, auch wenn es uns nicht leicht gefallen ist, allen erst nach der Hochzeit zu sagen, dass wir uns getraut haben. Doch es gibt noch einen Plan, den wir bald umsetzen werden. Dann, wenn das Zitronenbaby nicht mehr an der Brust klebt, dann, wenn ich mich in meinem Körper wohlfühle, dann, wenn das Wetter gut ist, dann, wenn wir den Kopf frei haben… eine zweite Hochzeit in unserem Garten. Eine freie Trauung, ein Grill, ein bisschen Musik. Ein Fest zum Feiern, dass wir gerne teilen möchten. Mit allen unseren Freunden und der ganzen Familie. Ein Fest der Liebe, das wir nach ein paar Jahren Ehe ganz bestimmt so zelebrieren werden, wie wir es vor einem Jahr getan hätten. An dem Tag, an dem wir uns aber dafür entschieden haben, dass nur wir beide zählen.

Bild: Jan Hanser