Manchmal gibt es Tage, da bin ich fragend, wütend, lustig, traurig, erfüllt, besorgt… diese Liste kann ich noch lange weiterführen. Und nicht nur mir geht es so, sondern euch allen. Egal ob klein oder groß, jung oder alt. Wir haben alle Stimmungen, die wir durchleben. Und so bin ich einen Tag voller Kraft und Laune, freue mich auf den kommenden Tag – mich kann sozusagen nichts aus der Fassung bringen – und den nächsten Tag bin ich verärgert, dass besonders von uns Mamas verlangt wird, immer gut gelaunt zu sein und mit seinem Kind jeden Tag auf Wolke 7 zu schweben. Denn jeder weiß (und besonders die, die behaupten es wäre nicht so), dass unsere Stimmung und die unseres Kindes dies nicht zulässt.
Ich habe durch Mamaaempf eine Stimme und möchte diese nutzen, um ab und zu aufzuklären. Lasst uns mit unseren Geschichten Mut machen und kein Traumschloss aufbauen! Zwei Tage nachdem ich den folgenden Text geschrieben habe, hat Alma durch eine Erkältung gelitten. Wir beide sind durch den Halt, den ich ihr besonders an diesen Tagen versucht habe zu geben, noch ein riesiges Stück näher gerückt, sodass kein Blatt zwischen uns passte. Ein Erlebnis, das unsere Beziehung gestärkt hat und solche wird es noch ganz oft geben.
Sechs Wochen bin ich Mama und immer noch nicht voll und ganz angekommen. Dieses magische Band, auf das ich vertraut hatte, gibt es bei mir nicht. Ein Band, das mich und meine Tochter auf der Stelle – kompromisslos – verbindet. Die Verbundenheit, die werdende Mamas als selbstverständlich ansehen, ist ganz und gar nicht so. Viel häufiger trifft man auf Frauen mit Baby, die erzählen, wie seltsam es auf einmal ist, dass da ein Kind ist und die Beziehung zu diesem neuen Menschen – deinem Fleisch und Blut – wachsen muss. Ja genau… ganz oft ist es nicht wie im Märchen, denn ein Baby macht etwas mit dir, etwas das nicht nur glitzer-rosa-rot ist. Ein Baby verändert einen und lässt uns Frauen in eine neue Rolle hineinwachsen. Das dauert ein wenig und ist auch mal anstrengend. Vor allem aber ist es wert, dass man darüber berichtet. Denn wer sagt denn, dass es nicht vielleicht viel besser ist, wenn man auch für diese Beziehung im Leben von Anfang an was tun muss?
Für so viel in unserem Leben müssen wir kämpfen. Ja, auch die Menschen, die nach außen so scheinen, als hätten sie alles in die Wiege gelegt bekommen: auch diese müssen für Dinge arbeiten. Nicht jeder für die gleichen und auch nicht jeder setzt die gleichen Schwerpunkte – Gott sei Dank. Doch ganz sicher ist, wir alle sind irgendwann an einem Punkt angekommen, an dem wir gemerkt haben, dass es anstrengend wird. Dass das, was am Ende vielleicht leicht aussieht, auf dem Weg dahin ein Haufen Arbeit sein kann. Der Traumjob, das schöne Auto, die gute Beziehung zu seiner Mama, seinem Partner oder auch zu seinem Kind. Besonders um das Zwischenmenschliche muss man kämpfen, sich oft überwinden und Kompromisse eingehen. Wer kennt das nicht?
Wahrscheinlich hat es mit deinem Partner ganz gut geklappt, wenn du meinen Text liest. Denn wahrscheinlich befindest du dich in einer gleichen Situation wie ich. Wahrscheinlich erwartest du, oder hast ein Baby. Wenn nicht: Bleib trotzdem dran, denn ich würde mir wünschen, dass das, was ich hier aufschreibe, hängen bleibt.
Und dann ist der Tag erreicht und dein Baby kommt auf die Welt. Die Erwartungen sind hoch, wo doch klar ist, dass gleich ein kleiner Mensch auf die Welt kommt, der mit dir verbunden ist. Sozusagen eine kleine Miniversion deiner selbst. Ein neuer Mensch, den du ohne große Anstrengungen verstehen wirst, der dir jeden Tag vor Augen hält, weswegen wir eigentlich leben und dir das Glück der Welt zeigt. Ein Mensch, der dir klar macht, was es heißt, endlich angekommen zu sein und für den du auf der Stelle alles andere hinten anstellen willst.
Und dann ist der Tag erreicht und dein Baby kommt auf die Welt. Auf einmal ist da ein kleines Wesen. Es ist so unfassbar verrückt. Du schaust es dir unentwegt an und bist erschrocken, aufgeregt und natürlich voller Liebe zu dem, was du da geschaffen hast. Aber zu aller erst musst du dich ordnen, verstehen, was da gerade passiert ist.
So vergehen die ersten Tage. Die ersten Momente, Tage verstreichen. Deine Müdigkeit wächst und die Fragen in deinem Kopf werden immer mehr.
Es gibt den Babyblues, die Hormonumstellung und all das was uns die erste Zeit schwierig machen kann. Aber es gibt noch etwas ganz Anderes, was uns Neumamas den Start mit unserem Baby erschwert: Falsche Erwartungen. So oft ist es nämlich nicht wie in einem dieser Hollywoodstreifen, wo das Baby mit rosa Bäckchen und Haaren bis zum Popo grinsend auf Mamas Schoß geworfen wird. Viel öfter gibt es Kaiserschnitte, Saugglocken, Tränen der Verzweiflung, Mamas, die kurz aus dem Zimmer gehen müssen, wenn ihr Baby schreit, Mamas die sich manchmal wünschen, alleine für 10 Wochen einen Berg zu besteigen, oder einfach ein halbes Jahr durchzuschlafen. Viel häufiger gibt es Eltern, die sich erstmal in ihrer Beziehung neu sortieren müssen und sich nach der Geburt als Familie erstmal finden. Viel häufiger als eine heile Welt, gibt es Ängste, ob man sein Kind genug lieben kann. Denn so schön, wie es auf den bearbeiteten Instagramfotos scheint, ist es häufig im echten Leben gar nicht.
Und so sollten wir mal anhalten. Lasst uns doch endlich die Schminke abkratzen und erzählen wie es wirklich ist. So helfen wir doch uns und allen anderen.
Dein Baby kommt auf die Welt und das bedeutet Arbeit. Arbeit an dir. Arbeit mit deinem Baby und ganz besonders von der ersten Minute an Arbeit an eurer Beziehung. Einer Beziehung, die unbeschreiblich wunderbar wird, dich zu 100% erfüllen kann und aus dir einen neuen, besseren Menschen machen kann. Aber es bedeutet Arbeit. Bei manchen mehr, bei manchen weniger. Es gibt Frauen, die fühlen sich mit ihrem Kind nach zwei Wochen, zwei Monaten, oder auch erst einem Jahr verbunden. Frauen, die sich erst nach dieser Zeit „angekommen“ fühlen. Und es ist sowas von okay. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass jeder Tag, an dem eine Mama an der Beziehung zu ihrem Kind arbeitet, die Verbindung der beiden nur stärken kann. Zwei Menschen die zusammengehören, sich aber doch auch erstmal kennenlernen müssen. Sich deuten müssen und einander verstehen.
Und wisst ihr was das Schönste an der ganzen Sache ist? Man weiß, dass es gut geht. Jede Mama-Baby-Story geht gut aus. Denn egal wie lange es dauert, dass man sich bereit fühlt für ein gemeinsames Leben: die Liebe zu seinem Kind ist überwältigend. Sie ist nur bei jedem Menschen anders zu sehen, zu fühlen und zu hören. Die Hauptsache ist aber, dass sie da ist und diese Liebe nichts mit all den Zweifeln, die so viele in sich spüren, zu tun hat.
Ich fühle mich noch nicht angekommen. Bis Alma und ich uns richtig gut kennen und wir ein eingespieltes Team werden, dauert es bestimmt noch ein bisschen. Und das ist gut so, denn ich sauge jeden Moment, jede Verzweiflung, jede Träne und jeden lauten Lacher mit ihr auf. Dieses kleine Mädchen hat mir nicht jede meiner Fragen beantwortet, sondern viele neue Fragen gestellt. Und ich wünsche mir, dass da in unserer Beziehung noch viele dazu kommen. Unendlich viele. Denn nur so wachsen wir jeden Tag – unser Leben lang – mehr zusammen. Liebe? Die haben wir dafür von Anfang an genug.