beste Freundin

 

 

Ein Mann, ein Haus, ein Kind, ein Pferd und eine beste Freundin. Das wünschen sich nicht nur Bibi und Tina, sondern so viele Frauen. Für einige ein Wunsch, für viele ein Problem, denn alles zu bekommen und dann auch noch glücklich zu sein, ist gar nicht so einfach. Doch hey… wenn unsere Gesellschaft uns vorschreibt, dass diese Gegebenheiten eintreffen müssen, damit wir vollkommen erfüllt sind, dann ist das wohl so. Oder nicht? Nein. Ganz und gar nicht, denn jeder schreibt seine eigene Geschichte. Doch viel zu wenige sprechen darüber, darüber, dass man nicht alles erfüllen muss, um glücklich zu sein. Um den Rahmen hier nicht zu sprengen, werde ich euch heute etwas über Freundschaften erzählen und darüber, wie sie in meinem Leben stattfinden. Warum eine beste Freundin wohl schwieriger zu finden ist, als ein Mann und dass keine Freundin alles sein muss. 

Jeder von uns kennt doch diese Mädels, die sich in der Grundschule kennengelernt haben und seitdem ein Herz und eine Seele sind. Sie telefonieren jeden Tag, treffen sich mindestens einmal die Woche, sie lernen zusammen ihre Ehemänner kennen und beschließen gleichzeitig, Kinder zu bekommen. Es gibt sie, die besten Freundinnen aus den Bilderbuch, doch sind sie ganz und gar eine Seltenheit, denn sich für immer zusammen zu schließen, so dass kein Blatt zwischen einen passt, ist wohl alles, aber nicht selbstverständlich. So eine Beziehung zu führen, ist ganz oft bestimmt sogar anstrengender als sie mit einem Lebenspartner zu führen, denn eine solche Freundschaft bedeutet, dass sich zwei Menschen innerhalb von Jahrzehnten niemals von einander wegbewegen dürften – und das obwohl schwierige Findungsjahre dazwischen lagen. Doch viel öfter gibt es doch das Phänomen, dass sich solche Freundschaften ausdehnen – zu einer Gummibandfreundschaft werden. Viel öfter gibt es die Freundinnen aus Kindheitstagen, aus Studienzeiten, aus der Theater-AG, die immer irgendwie da waren, nur mal mehr, mal weniger. 

Zu begreifen, dass es diese Freundschaften gibt und sie so, wie sie sind, okay sind, ist nicht immer einfach. Denn wir erwarten ja alle irgendwie, dass es eine Für-Immer-Und-Ewig-Nur-Wir-Beide-Freundschaft gibt. Wir hoffen darauf, dass wir uns niemals auseinanderleben, niemals andere Wege einschlagen, dass wir niemals anderer Meinung sind und uns niemals gegen ein Treffen entscheiden würden. Wir vertrauen darauf, dass wir niemals enttäuscht werden und wir niemals enttäuschen. Denn sowas tun doch beste Freundinnen nicht? Oder doch? Doch! Sowas tun auch beste Freundinnen. Und können immer noch welche sein.

Ich habe schon einige dieser Freundschaften erlebt. Freundschaften, die mal ganz eng waren und sich irgendwie gedehnt haben. Da gab es Freundschaften, in denen es geknallt hat, wir uns voneinander entfernt haben. Da gab es Freundschaften, in denen wir andere Wege gegangen sind, ganz leise und ohne darüber zu sprechen, ein bisschen Zeit brauchten und ganz anders wieder zusammen gefunden haben. Da gab es Freundschaften, in denen wir ausgesprochen haben, dass wir nun wohl ein anderes Leben führen und auch unsere Freundschaft daran wachsen wird. Da gab es Freundschaften, die kleiner geworden sind und trotzdem gut funktionieren. Da gab es Freundschaften, die unecht waren und schnell entlarvt wurden. Und da gab es die Freundschaften, die aus der Ferne funktionieren, ganz anders, als sie mal angefangen haben. Doch das Wichtigste ist, dass es viele dieser Freundschaften immer noch gibt – nur ohne Bibi und Tina, ohne die großen Erwartungen und ohne Versprechungen. 

Denn Erwartungen sind nicht nur in einer Liebesbeziehung der Feind, sie sind auch in einer Freundschaft höchst gefährlich. So musste ich schmerzhaft lernen, dass es sehr wichtig ist, nicht von allen Menschen in meinem Leben das Gleiche zu erwarten. Dass kann nicht funktionieren und muss es auch gar nicht. Denn wir sind alle verschieden, genauso können auch unsere Freundschaften unterschiedlich sein. Wir können unsere Freundin zweimal im Jahr sehen und trotzdem das Gefühl haben, dass sie der wichtigste Mensch in unserem Leben ist. Wir können in ganz verschiedenen Lebenssituationen stecken, uns nicht immer verstehen – und uns trotzdem verstehen. Wir können uns zurückziehen und wieder zusammenwachsen, ohne dass wir jemand anderes sind. Wir dürfen nur nicht erwarten, dass sich niemals was verändern wird. Denn das wird es, wir werden uns verändern, unsere Freundin wird sich verändern und am Ende zählt für eine Freundschaft nicht, dass sie unerschütterlich ist, sondern, dass sie immer wieder auf anderen Wege zusammenführt. 

Eine beste Freundin muss also nicht in unseren Plan gehören. Sie ist nice to have, eine echte Bereicherung, sie ist eine große Stütze, der Jackpot. Doch auch ohne sie können wir glücklich sein. Denn eine beste Freundin ist Definitionssache. Meine beste Freundin und ich haben schon viele Gummibänder in unsere Beziehung eingebaut und sie in manchen Phasen sehr strapaziert. Wir mussten beide verstehen, dass dies dazu gehört und wir trotz all dem da sein werden, anders als noch vor einigen Jahren, aber man weiß, dass da jemand ist. Ob diese Freundschaft für andere funktionieren würde? Ich weiß es nicht. Ob diese Freundschaft einen Titel braucht? Ich weiß es nicht. Ob diese Freundschaft die ehrlichste ist, die ich mit ihr führen könnte? Auf jeden Fall, denn darum geht es doch: um eine Person im Leben, der man vertraut, die man auch mal doof finden kann und die einen auch mal doof finden kann, die ehrlich ist und soviel geben kann, wie es geht. Die sich nicht verbiegt, die keine Erwartungen erfüllen muss und die mit einem wächst – in welche Richtung auch immer.