Frauen, die bewegen, gibt es viele! Doch zu wenigen hören wir aufmerksam zu. In meiner neuen Kategorie findet ihr regelmäßig Interviews mit unglaublich spannenden Frauen, die alle anders denken, aber eins gemeinsam haben: sie verbessern die Welt. Manchmal nur ihre eigene, manchmal auch unsere.
Liebe Joana,
ich möchte dich gerne interviewen, weil du eine Frau bist, die bewegt. Denn du machst dein eigenes Ding. Und das sehr erfolgreich, oder? Du bist selber Mama und hast ein eigenes Unternehmen gegründet. Für die, die nicht wissen, was deine Passion ist: magst du kurz erklären, um was es in deinen Shops geht?
Bei Odernichtoderdoch dreht es sich hauptsächlich um Dinge, die dir oder anderen Freude bereiten sollen – es dreht sich zwar auch viel um Organisation, aber der Spaß dabei steht immer im Fokus. Wir haben kreative Mitmach- und Tagebücher, verschiedene Kalender und Planer, Alben, süße Schreibtischhelfer und ein paar Lifestyleartikel – von Kuscheldecke bis Wärmflasche. Jo&Judy sehen wir gern als große Schwester von Odernichtoderdoch. Das Produktsortiment ist ähnlich, aber vom Design weniger verspielt und minimalistischer – hier dreht es sich mehr um Style und Trends. Außerdem haben wir neben den Schreibwaren auch einen großen Fokus auf schöne Accessoires gelegt, sowohl in Form von Schmuck als auch glänzende Dekostücke.
Und auf einmal waren es zwei Unternehmen. Warum?
Wir als Designer haben einfach bei Odernichtoderdoch immer wieder gemerkt, dass uns etwas fehlt. Bei Odernichtoderdoch liegt der Fokus vieler Produkte auf Ideenreichtum, Humor und Details – uns fehlte hier und da etwas Schlichtes, aber Schickes für den Alltag. Alles begann mit einer Jo&Judy-Kollektion unter der Marke Odernichtoderdoch – die dann so gut ankam, dass wir Jo&Judy als einzelne Marke ausgegründet haben, um uns neben Odernichtoderdoch in eine andere Richtung weiterentwickeln zu können. Jo steht für Joana und Judy für Judith – wir waren die ersten Designerinnen der Produkte. Mittlerweile haben wir mehrere tolle Mädels, die den Stil der Marke prägen.
Wenn wir schon dabei sind: Ist es „dein“ Erfolg oder hast du einen Partner, mit dem du alles aufgebaut hast?
Auf gar keinen Fall hab ich bei uns im Unternehmen das Krönchen auf – alles war und ist ein Zusammenspiel und eine Teamleistung. Am Anfang waren es nur mein damaliger Freund und jetzt Ehemann Niklas und ich – im Laufe der Jahre sind wir dann mehr und mehr gewachsen und jede einzelne Person hat wieder ein bisschen etwas reingebracht 🙂 Niklas und ich sind so unterschiedlich, dass wir uns komplett ergänzen. Keiner von uns beiden hätte das Unternehmen alleine aufbauen können.
War für dich klar (als du gegründet hast) wo du hinwillst? Oder hat sich dein Business entwickelt?
Haha – ich habe mich 2011 als Fotografin selbstständig gemacht. In meinem Businessplan träume ich auf einem Zeithorizont von 10 Jahren von einem eigenen Studio und vielleicht 1-2 Festangestellten. Von einem Onlineshop oder dem Designen eigener Produkte war da nie die Rede. Das hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausdenken können. Alles hat sich so entwickelt, ich habe mir viel selbst beigebracht und war immer offen für Neues. Ein abenteuerlicher Weg, der sich niemals so hätte planen lassen können – und der nach wie vor immer wieder Überraschungen bereithält.
Und hat sich dein Denken und dein Handeln im Bezug auf deiner Arbeit geändert, seitdem du Mama bist?
Mein Denken nicht, mein Handeln zwangsläufig, ja. Ich musste viele Aufgaben und Verantwortung aus Zeitmangel abgeben. Während ich früher stundenlang selbstvertieft am Rechner saß und Designs umgesetzt habe, formuliere ich jetzt meine Ideen so gut es geht aus und mache dazu erzänzend Moodboards oder Skizzen, damit es jemand anders umsetzen kann. Es ist mehr Abstimmung und Kommunikation geworden, aber macht genauso viel Spaß – auch wenn ich die Arbeit mit Illustrator und Indesign gelegentlich sehr vermisse. Zeit ist jetzt mit Kind halt rar, vor allem Zeit am Stück. Wir haben uns aber mit der neuen Situation alle sehr gut eingespielt und es gab auch hier und da einen sehr schönen, frischen Wind in den Designs, der mir sehr gefällt. Vor allem die neue Babykollektion mag ich persönlich sehr – natürlich auch, weil sie auf meinen persönlichen Erfahrungen als Mama beruht.
Ihr habt euch ein Au-pair als Hilfe geholt. Die richtige Entscheidung?
Zum damaligen Zeitpunkt definitiv! Als Hannes 8 Wochen alt war, hat mich meine Mutter alle zwei Wochen unterstützt, so dass ich stundenweise ins Büro konnte. Ich brauche meine Arbeit sehr als Ausgleich und nur mit Baby Zuhause zu sein, fiel mir schwer. Als er dann 10 Monate alt war, wollte ich wieder halbtags einsteigen aber trotzdem flexibel bleiben. Die Lösung mit einem Au-pair-Mädchen war für uns super praktisch, wenn auch wirklich gewöhnungsbedürftig. Egal, wie nett jemand ist – es ist und bleibt eine fremde Person mit ihrem eigenen Leben und eigenen Problemen. Und gerade bei einem jungen Au-pair Mädchen übernimmt man auch noch eine Mutterrolle – ich bin jetzt auf die Teeny Zeit bestens vorbereitet, glaub ich! Ob es die richtige Entscheidung war? JA! Es war toll für Hannes und ich war flexibel. Es war eine tolle Erfahrung. Ob wir nochmal ein Aupair Mädchen aufnehmen wollen? Im Moment nicht.
Differenzierst du zwischen der Mama-Joana und der Business-Joana? Schaltest du, wenn du arbeitest, einen Schalter um?
Diese erworbenen Mama Fähigkeiten kann man glaub ich nie wieder ablegen. Ich gehe auch als Mama-Joana ins Büro, vielleicht habe ich noch ein größeres Verantwortungsgefühl dadurch bekommen. Was natürlich nicht heißt, dass ich jetzt keine harten Entscheidungen mehr treffen kann. Das Mama sein hat mich einfach verändert und das kann ich persönlich nicht abschalten – warum auch, Mamas haben doch Superkräfte.
Hast du dein Gleichgewicht zwischen Mama und Business gefunden?
Das fällt mir wirklich schwer. Gerade, wenn man viel im Kopf hat und aber in dem Moment voll für sein Kind da sein müsste. Das hundertste Bilderbuch oder geduldiges Duplobauen, während ein dringendes Thema im Nacken sitzt, ist echt hart. Wenn man das Handy im Augenwinkel blinken sieht oder das Telefonat vom Mann im Nebenraum mitbekommen und zu dem Thema gern etwas sagen würde… Sehr sehr schwer, beidem gleich gerecht zu werden.
Musstest du dir Eigenschaften aneignen, um als Businessfrau gut durchzukommen? Oder fühlst du dich gar nicht so?
Man wächst mit seinen Aufgaben und vor allem mit den Fehlern, die man macht. Davon habe ich viele gemacht! Mit genügend Erfahrung schätzt man einfach Entscheidungen und Gefahren anders ein und weiß, was alles an einer einzigen Personalentscheidung hängen kann. Vor allem an Menschenkenntnis habe ich viel dazuerlangt…
Bist du manchmal müde? Würdest du manchmal gerne alles hinschmeißen?
Ja, auf jeden Fall. Öffentlich sehen alle nur die glamourösen Seiten am Unternehmer-Dasein, aber es ist wirklich, wirklich hart. Man ist ständig mit neuen Schwierigkeiten und Entscheidungen konfrontiert und spürt einen ständigen Druck – nicht nur diesen Druck, viel schaffen zu müssen, den wir ja alle irgendwie heutzutage spüren. Sondern diesen richtig schweren Druck der Verantwortung. An dieser Firma hängt mittlerweile so viel dran und es wird niemals einfacher, man gewinnt einfach nur an Erfahrung. An manchen Tagen wünscht man sich auch, einfach mal irgendwo angestellt zu sein und jemanden zu haben, der einem sagt, wo es langgeht. Einfach mal keine Entscheidungen treffen zu müssen. Aber dann komme ich wieder zur Besinnung und denke mir: Nein, ich brauche das auch irgendwie. Die Energie, die mir das Ganze an manchen Tagen raubt, bekomme ich an anderen doppelt und dreifach durch diese Erfahrung zurück. Ich wachse daran und werde immer wieder herausgefordert. Es ist definitiv nie langweilig.
Hättest du in deiner Laufbahn als Selbstständige im Nachhinein etwas anders gemacht?
Ich habe viele Fehler gemacht, aber die meisten davon hätte ich nicht hervorsehen können – ich wusste es damals einfach nicht besser. Ich werde auch immer noch viele Fehler machen, da bin ich mir sicher! Also ja, ich hätte im Nachhinein ein paar Dinge anders gemacht, aber mit meiner damaligen Erfahrung würde ich alles wieder genauso entscheiden. Würde ich mich mit meinem jetzigen Wissen nochmal selbstständig machen, würde ich mich vielleicht Vieles gar nicht mehr trauen, weil ich jetzt weiß, was schiefgehen kann. Eine gewisse Naivität gibt also auch manchmal Mut, Dinge einfach zu machen – eine große Stärke junger Gründer.
Einen Tipp, den du Frauen, die gründen wollen, mitgeben möchtest?
Seid keine Einzelkämpferinnen. Baut die Talente und Stärken aus, die ihr habt und sucht euch für das, was ihr nicht so gut könnt, einen starken Partner oder Partnerin. Man kann nicht alles können und es raubt nur Energie für die Dinge, die ihr gerne macht, wenn ihr das versucht. Hört immer auf euer Bauchgefühl und lasst euch von niemandem reinreden. Nur weil andere etwas „immer so gemacht“ haben, muss es nicht richtig sein. Wagt Dinge! Seid anders! Seid mutig! Seid echt!
Joana Heinen findet ihr unter @joanaslichtpoesie