Babyärmchen

geschrieben von Anna

Als ich 15 war, wurde ich zum ersten Mal Tante. Ich habe so viel Zeit mit meinem Neffen verbracht, dass ganz schnell klar war: Das will ich auch. Ich träumte also meinen Traum von der großen Liebe mit Anfang 20, Hausbau Mitte 20, Heirat und erstes Kind Ende 20.

Bei diesem Traum blieb es dann sehr lange … Den richtigen Prinzen zu finden oder gefunden zu werden, war nicht einfach und ich war letztendlich nie die Eine, die es für den Einen sein sollte. Ganz schmerzlich habe ich das Anfang 30 erfahren müssen. Die Liebe war schnell, heftig und nach kurzer Zeit vorbei – und das, wo ich dachte: Der ist es.

Nachdem das doch nicht der Fall gewesen war, habe ich – typisch Frau – meine Frisur verändert, meine Wohnung renoviert, mir ein Auto gekauft. Ich war mittlerweile 32 und der ewige Single in meinem Freundeskreis. 2011 kam es, dass meine Mutter schwer erkrankte und es war klar, dass sie nicht mehr viel Zeit hatte. Mein Kinderwunsch war nach wie vor stark und ich wusste: Ohne Kerl kann ich leben, aber nicht ohne Kind. Also kramte ich mein Stern Magazin von 2009 heraus mit der Titelstory „Verrückt nach Kindern – Octomom“. Darin enthalten war auch eine Doppelseite mit Kliniken, die Frauen mit Kinderwunsch behandeln und eben auch Singlefrauen. Irgendwie hatte ich damals wohl unterbewusst gehandelt, als ich den Titel aufhob.

Für den Kinderwunsch nach Dänemark

2011 war es mir in Deutschland nicht möglich, alleine eine Kinderwunschbehandlung durchzuführen, sondern ich hätte immer einen Partner/Samengeber benötigt. In Dänemark war das anders. Die Erkrankung meiner Mama gab den letzten Anstoß, denn ich wollte, dass sie sieht, wie mein Wunsch in Erfüllung geht, und sie weiß, dass ich glücklich sein würde und sie „gehen“ konnte. Beim Frühstück mit meinen Eltern erzählte ich von meinem Entschluss und bekam ganz viel Zuspruch und Unterstützung. Familie und Freunde waren informiert und ich begann, meinen Plan in die Tat umzusetzen.

Ich nahm Kontakt zu einer Hebammenpraxis in Dänemark auf, die Inseminationen mit Spendersamen durchführte. Nach einem ersten telefonischen Kontakt suchte ich aus einer Online-Datenbank einen Spender aus. Es sollte ein offener Spender sein, so dass mein Kind mit 18 Jahren die Option haben würde, seinen Erzeuger kennenzulernen. Es gab Kinderfotos der Spender zu sehen, Stammbäume und wichtige Infos zu Erkrankungen innerhalb der Familie. Mir war noch wichtig, dass es ein großer Spender ist, denn im Falle eines Sohnes wollte ich gerne, dass er die Chance hat, groß zu werden.

Meinen Zyklus hatte ich schon mehrere Monate verfolgt und akribisch notiert. Als der Ovulationstest positiv war, rief ich in der Praxis an, vereinbarte den Termin und fuhr direkt los. Meine Mama begleitete mich und wir waren furchtbar aufgeregt.

Leider führte der erste Versuch nicht zum Erfolg. Bei der Insemination wird der Samen der Frau quasi „vor die Tür“ gelegt und die Samen müssen dann eigenständig durch die Eileiter, zum Follikel, das Ei befruchten und weiter in die Gebärmutter und sich dort festhalten. Der zweite Versuch klappte ebenfalls nicht und die Praxis riet mir zum Spenderwechsel. Leider brachte der Wechsel auch nicht das gewünschte Ergebnis und somit hatte ich bereits vier erfolglose Versuche. Vier Monate in denen andere Freundinnen schwanger wurden, vier Monate, die mich ca. 5000 Euro kosteten, vier Monate, in denen es meiner Mama immer schlechter ging, vier Monate, in denen sich meine Gedanken ausschließlich um meinen Zyklus und meinen Kinderwunsch drehten – und die ganze Zeit bin ich ganz normal arbeiten gegangen und keiner hat etwas vermutet bzw. geahnt, was mich tatsächlich bewegt.

Die künstliche Befruchtung als Plan B

Nach den Fehlversuchen musste nun eine Alternative her. Eine Alternative, die die Wahrscheinlichkeit auf eine Schwangerschaft erhöhte und auch, dass meine Mama diese noch erleben konnte. Somit ging die Recherche wieder los. Eine Klinik in Dänemark war schnell gefunden. Es folgte ein Erstgespräch vor Ort. Die Klinik hatte keine Bedenken und es wurde zu einer künstlichen Befruchtung geraten.

Problem war, dass 2012 die künstliche Befruchtung in Dänemark nur mit anonymen Spendern möglich war. Ok, das war dann auf einmal weniger wichtig, denn ich wollte ein Kind und das quasi jetzt und sofort. Ich war mittlerweile 33 und sah, wie gefühlt alle um mich herum meinen Traum lebten. Damit es diesmal klappte, ließ ich zuvor eine Eileiterspiegelung vornehmen, um zu prüfen, ob alles in Ordnung ist. Das Ergebnis war positiv und ich konnte starten.

Diesmal erfolgte keine Spenderauswahl, das entschied die Klinik und einzig wichtiges Merkmal war die Augenfarbe. Hier wird immer geschaut, dass sie identisch zu der der Mutter ist. Ich merkte noch an, dass es schön wäre, wenn der Spender auch groß sei.

Mit der Klinik hatte ich einen Vertrag über drei Hormonbehandlungen und zwei „Eisbärchen“. Das bedeutet ich hatte quasi fünf Versuche. Drei mit den frischen Hormonbehandlungen und zwei mit eingefrorenen (bereits befruchteten Eiern). Ich begann, meinen Zyklus noch genauer zu dokumentieren, bestellte mir die notwendigen Medikamente in Frankreich (in Deutschland konnte ich die ohne deutsches Rezept nicht erwerben). Die Klinik hatte mir eine Apotheke in Frankreich empfohlen und somit löste ich erstmal meine Lebensversicherung auf und kümmerte mich um eine Kreditkarte.

Ich hatte per Mail Kontakt mit der Apotheke, zahlte auf gut Glück ca. 1000 Euro und hoffte, dass die Medikamente ankommen. Und sie kamen an, was ein Glück! Nach einem genau abgestimmten Plan von der Klinik begann ich, mir morgens die Hormone zu spritzen, die meine Follikelbildung steigern sollten, damit ich mehr Eier in einem Zyklus hatte. Mein Frauenarzt zu Hause war eingeweiht (was damals auch undenkbar und verboten war, da es quasi unter Beihilfe läuft und der Arzt dann im Nachhinein zu Unterhalt herangezogen werden konnte).

Der Frauenarzt prüfte das Wachstum der Follikel inklusive ihrer Größe und diese Info gab ich an die Klinik weiter (das ersparte mir zwei Fahrten nach Dänemark). Als die Klinik sagte, dass die Follikel nun perfekt wären, löste ich am nächsten Morgen durch eine erneute Spritze den Eisprung aus und mein Vater begleitete mich. In der Klinik angekommen, wurde ein kurzer Ultraschall gemacht und dann erfolgte der Eingriff.

Ich bekam eine örtliche Betäubung und die Follikel wurden durch die Scheidenwand abgesaugt. Aus 16 Follikeln bildeten sich 12 Eier, das war super. Jeder abgesaugte Follikel ging direkt nebenan ins Labor und man bekam sofort zu hören, ob er ein, mehrere oder kein Ei enthielt. Im Labor wurden dann Ei und Samen in einer Petrischale zusammengebracht und der Rest musste von allein erfolgen.